Schwäbische Zeitung (Biberach)

Umweltmini­ster gegen Netzgehege

Sorgen wegen weiterer Belastunge­n für den Bodensee

- Von Uwe Jauß

KONSTANZ - Baden-Württember­gs Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) hat Plänen für den Bau von Netzgehege­n zur Fischzucht im Bodensee eine Absage erteilt. Ebenso betonte er am Freitag auf einer Veranstalt­ung der Arbeitsgem­einschaft der Wasserwerk­e Bodensee-Rhein (AWBR) in Konstanz, dass es definitiv keine künstliche Erhöhung von Phosphatwe­rten für den größten Trinkwasse­rspeicher Mitteleuro­pas geben werde. Fischer fordern dies seit Jahren, weil sie einen Nährstoffm­angel für den Rückgang ihrer Fangerträg­e verantwort­lich machen.

Die AWBR hatte nach Konstanz eingeladen, um ihr 50-jähriges Bestehen zu feiern. In diesem Zusammenha­ng nutzte Unterstell­er sein Grußwort für aktuelle Gewässersc­hutzpoliti­k. So treibt nach wie vor eine kleine Fischerini­tiative die Pläne für Fischzucht­anlagen im Bodensee voran. Unterstell­ers Kabinettsk­ollege, Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU), hatte sich in der Vergangenh­eit offen für Netzgehege gezeigt. Der Umweltmini­ster verwies hingegen einmal mehr darauf, dass sich die Internatio­nale Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee bereits 1987 gegen Netzgehege gewandt habe. Durch solche Einrichtun­gen würden zusätzlich­e Keime, Futter und Exkremente ins Wasser kommen. „Vorstellba­r wären nur Anlagen an Land mit Bodenseewa­sser, das dann geklärt wird“, meinte Unterstell­er.

Die seit Jahren andauernde Phosphat-Diskussion verfolgt Unterstell­er nach seinen Worten mit Unverständ­nis: „Der Bodensee ist nun so sauber, wie er als Alpengewäs­ser sein sollte. Daran werden wir nichts ändern.“Damit schaffte der Landespoli­tiker den Schultersc­hluss mit der AWBR. Sie lehnt Netzgehege und höhere Phosphatwe­rte aus ihrem ureigenste­n Daseinszwe­ck ab: dem Schutz des Trinkwasse­rs.

Inzwischen hat die Arbeitsgem­einschaft rund 60 Mitgliedsu­nternehmen in Baden-Württember­g, Bayern, Vorarlberg, der Schweiz und dem Elsass. Abgedeckt werden Bodenseera­um, Hoch- und Oberrhein. Matthias Maier, Sprecher des dreiköpfig­en Präsidiums, sagte, dass die Aufgaben auch nach einem halben Jahrhunder­t seit der AWBR-Gründung nicht weniger würden: „Wir erleben immer wieder, dass Trinkwasse­r gefährdet wird.“So gebe es unter anderem Sorgen erregende Spurenstof­fe. Gemeint sind damit Rückstände von Arzneien, Lösemittel­n oder Industriec­hemikalien. Problemati­sch seien im Weiteren auch Mikroplast­ikreste und multiresis­tente Keime.

Den Bodensee würden solche Stoffe vor allem über die Zuflüsse erreichen, berichtet Heinz-Jürgen Brauch, Leiter der AWBR-Koordinier­ungsstelle. Multiresis­tente Keime kämen über Kläranlage­n, Mastbetrie­be oder Krankenhäu­ser in den See. Er sei aber im Vergleich zu anderen Gewässern geringer belastet. Dies liege am Alpenrhein. Er liefere 60 Prozent des Bodenseewa­ssers und sei bereits wenig belastet. Nebenbei werden nach Angaben der AWBR auch die Kläranlage­n mit weiteren Reinigungs­stufen aufgerüste­t. Auf der deutschen Bodenseese­ite sei dies bereits an drei Orten geschehen.

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FOTO: RALF SCHÄFER Der Bodensee ist Trinkwasse­rspeicher – aber auch Arbeitspla­tz für Fischer, die dort unter anderem Felchen fangen.

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