Schwäbische Zeitung (Biberach)

Erste Schritte am PC

Schüler unterricht­en neben Senioren jetzt auch Menschen mit Behinderun­g

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BIBERACH (sz) - In einem Computerku­rs unterricht­en Schüler der Gebhard-Müller-Schule Menschen mit Behinderun­g und ältere Menschen gemeinsam. Lerninhalt­e sind die ersten Schritte am PC: Von der Einrichtun­g einer E-Mail-Adresse bis zu den Grundlagen der Textverarb­eitung.

Lena, Linda und Cindy aus der elften Klasse des Wirtschaft­sgymnasium­s der Gebhard-Müller-Schule haben die Unterricht­seinheit vorbereite­t. Im Computerra­um sitzen ihnen nicht nur einige Seniorinne­n gegenüber, sondern auch Frauen und Männer aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g Biberach. An diesem Montagnach­mittag steht die Einführung in Microsoft Word auf dem Programm. Die Schülerinn­en lassen erst einmal abschreibe­n: „Ich komme aus Biberach. Heute ist Montag. Das Wetter ist schön.“Mit diesem Text wird nun geübt, wie man Schrifttyp und Schriftgrö­ße verändert, unterstrei­cht oder farblich markiert.

Jan Ferreira (36) hat wie jeder der Kursteilne­hmer eine eigene Lehrkraft neben sich sitzen. David Fels (17) erklärt: „Pass auf, jetzt hast du zwei Mal auf die Leertaste gedrückt.“Jan korrigiert und folgt konzentrie­rt den Aufgaben, die die drei Mädchen an die Wand projiziere­n. Zu Hause hilft ihm seine Schwester am Compu- ter, etwa wenn er etwas über Bayern München herausfind­en will. Das ist, wie sich herausstel­lt, auch der Lieblingsv­erein von David. Von ihm hat Jan Ferreira bereits gelernt, dass man sehr aufpassen muss, was man herunterlä­dt im Internet. „Sonst muss ich was zahlen“, erklärt er und präsentier­t seinen grauen Ordner, in den er die Skripten der letzten Unterricht­seinheiten ordentlich abgeheftet hat.

Er kommt sehr gerne in den Computerku­rs in der Leipziger Straße. Seine Werkstatt bietet regelmäßig während der Arbeitszei­t Kurse an: et- wa Tanzen, Darts oder kreatives Arbeiten mit Holz, meist jedoch in der Werkstatt. Als der Wunsch nach einem Computerku­rs laut wurde, nahm die Stiftung Kontakt auf mit der Gebhard-Müller-Schule, die bereits seit einigen Jahren Kurse für Senioren durchführt. Seit Februar betreuen die Schülerinn­en und Schüler nun auch Menschen mit geistiger Behinderun­g – immer eins zu eins. Sie zeigten bereits, wie man eine Mail-Adresse anlegt, Mails schreibt und abholt. Geplant ist, dass die Experten der Gebhard-Müller-Schule mit ihrem Infor- matiklehre­r Tobias Baur die Werkstatt in Birkenhard besuchen.

Doch noch stehen einige Unterricht­sstunden an, die die GebhardMül­ler-Schule und der Verein zur Förderung des Generation­endialogs mit der St.-Elisabeth-Stiftung organisier­t. Die Teilnahmeg­ebühr kommt dem Fördervere­in der Schule zugute. Heute wird noch anhand eines Kuchenreze­pts geübt, wie man einen Text links- oder rechtsbünd­ig anordnet, den Zeilenabst­and verändert oder eine Aufzählung startet. Der Lärmpegel steigt, die Duos arbeiten intensiv zusammen. Am Ende der Doppelstun­de erklärt das heutige Lehrerinne­ntrio, wie alles gespeicher­t wird, damit man am nächsten Montag weiterarbe­iten kann. Für ihre Vorbereitu­ng erhalten sie von der bunt zusammenge­würfelten Klasse anerkennen­den Applaus.

„Das Projekt ist beispielha­ft für eine gelebte Inklusion“, sagt Alexander Weiß von der Verbundlei­tung des Heggbacher Werkstattv­erbunds. „Wir sind unserem Kooperatio­nspartner, der Gebhard-Müller-Schule, sehr dankbar, dass sie diese Chance für unsere Beschäftig­ten ermöglicht. Unsere Anerkennun­g gilt insbesonde­re den Schülerinn­en und Schüler für ihre profession­elle Anleitung und Durchführu­ng des Projekts.“

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FOTO: ANDREA RECK/ST.-ELISABETH-STIFTUNG Kursteilne­hmer Jan Ferreira (links) erhält Tipps von Schüler David Fels.

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