Schwäbische Zeitung (Biberach)
Alles nur schöner Schein?
Joana Fischer und Emil Herker stellen in der Kunsthalle Ravensburg aus
RAVENSBURG - Zusammen mit ihrem Team und mit hohem eigenem Einsatz hat Carin Arnold einmal mehr eine sehenswerte Bilderschau in der Kunsthalle Ravensburg eingerichtet. So unterschiedlich die Arbeiten der in Miami lebenden Deutschen Joana Fischer und des aus Graz stammenden und in Hongkong lebenden Emil Herker auch sein mögen, so ziehen sie doch alle auf ihre Art den Blick auf sich und lassen ihn so schnell nicht mehr los.
Joana Fischer stammt aus Ahlen in Westfalen und hat in Münster ihren Bachelor of Arts gemacht, zwei Stipendien führten sie zum Kunststudium nach Aix-en-Provence. Seit sieben Jahren lebt die 32-jährige Mutter von drei Kindern mit ihrem Mann in Miami und stellt seit 2012 aus – Soloshows wurden in Washington, Miami und Hamburg gezeigt. Fischer zeichnet auf Architektenfolie mit Tusche und verdünnter Acrylfarbe. Dass sie gerne zeichnet, sieht man vor allem den Arbeiten in kleinem Format an, denen der Seitenraum gewidmet ist. Dort hängen Federzeichnungen mit Naturimpressionen, die von leuchtenden Farbschlieren hinterfangen werden, auf den zweiten Blick ein paar Kinder beim Klettern erkennen lassen und durch ihre Beleuchtung im Acrylrahmen wie kleine Ausblicke durch Fenster in die Natur wirken.
Die großen Querformate im Hauptraum – oft mit angedeuteten Stadtarchitekturen oder Naturelementen – hängen frei und lassen die LED-Bänder sehen, die sie von innen beleuchten. Ein raffiniertes Spiel mit einem Weichzeichnereffekt, grafisch filigran, malerisch duftig: mehr Schemen als greifbare Realität, mehr Vision als Impression.
Die meisten Großformate von Emil Herker aus Graz, geboren 1966, der außerdem in Hongkong und Berlin lebt und seit 1990 ausstellt, strotzen von Farbgewalt: kein Menschengesicht, höchstens mal ein zur Grimasse verzerrtes, sondern eine bunte
Dingwelt von Waren aus Fernost oder der globalisierten westlichen Welt ballt sich in seinen Stillleben. Trotzdem fallen zuerst zwei fast monochrome Arbeiten auf: „Shine“zeigt einen halben Kristalllüster mit zwei leuchtenden Elektrobirnen in Flammenform, „Pure“eine Versammlung von edlen Trinkgläsern, schimmernd und geputzt, bereit zum Gebrauch. Beide Bilder – an „Shine“hat Herker drei Monate gearbeitet – sind trotz ihres irritierend perfekten Hyperrealismus höchst unterschiedlich: einmal ist die Leinwand so opak grundiert, dass die in allen Facetten von Blau und Weiß glitzernden Kristalle im
dunklen Raum zu schweben scheinen, im anderen Fall ist sie nur leicht grundiert, sodass die Gläser in einer fast immateriellen Transparenz erscheinen. Diese Gemälde entstanden in einer sechs Jahre dauernden Phase der „Farblosigkeit“, ab 2016 hat sich Herker dem farbigen, großformatigen Stillleben zugewandt, das bunte Alltagsprodukte zu einem nur fröhlich scheinenden Chaos anrichtet.
Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 20. Juli, geöffnet Donnerstag und Freitag, 16 bis 19 Uhr, Samstag 12 bis 15 Uhr.