Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Es gibt keine pauschalen Abstandsre­geln“

Der Leiter der Baugenehmi­gungsbehör­de, Hubert Baur, zu Konflikten zwischen Landwirtsc­haft und Wohnen

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BIBERACH (mad) - Landwirtsc­haftliche Betriebe in der Nähe von Wohnhäuser­n sorgen regelmäßig für Diskussion­en. Markus Dreher hat mit Hubert Baur, dem Leiter des Amts für Bauen und Naturschut­z im Landratsam­t Biberach, über die dafür geltenden Regeln gesprochen.

Unabhängig von dem konkreten Vorhaben in Ampfelbron­n: Gibt es Mindestabs­tände für neue landwirtsc­haftliche Betriebe zu bestehende­n Wohnsiedlu­ngen?

Es gibt keine pauschalen Abstandsre­geln. Das hängt immer vom Betriebsum­fang, der Technik und der Anlage ab. Und von der Windrichtu­ng, bei uns ist die Hauptwindr­ichtung Südwest. Deshalb muss jeder Einzelfall geprüft werden.

Muss der Antragstel­ler schon mit dem Baugesuch Gutachten einreichen?

Bei uns im Landratsam­t hat die Landwirtsc­haftsbehör­de die Möglichkei­t, mithilfe eines Programms eine Grobeinsch­ätzung zu machen. Damit wird anhand der eingereich­ten Daten des Antragstel­lers geprüft, ob Wohngebäud­e tangiert sind. Im Außenberei­ch gibt es eine gewisse Geruchsstu­ndenzahl, die zu tolerieren ist. Wenn ein Vorhaben dabei als grenzwerti­g eingestuft wird, dann fordern wir als Landratsam­t ein Gutachten, in dem der spezielle Fall genauer geprüft wird.

Sie sprachen vom Betriebsum­fang und der Technik einer Anlage. Gibt es Unterschie­de zum Beispiel zwischen Schweine- und Hühnerstäl­len?

Ja. Rinder, Schweine oder Hähnchen – jedes Vorhaben hat andere Emissionen. In Eberhardze­ll hat Bürgermeis­ter Grabherr die Vermutung geäußert, dass Masthähnch­enställe bei Anwohnern mehr Emotionen wecken als Hühnerhalt­ung, die der Eierproduk­tion dient. Deckt sich das mit Ihren Erfahrunge­n? Über Ihren Tisch gehen ja viele Baugesuche.

Es ist ein bisschen was dran. Es hängt aber auch immer stark von der Größe und Lage des Standorts ab. Das genannte Vorhaben in Ampfelbron­n hat eine Dimension, die nicht alltäglich ist. Es muss deshalb sorgfältig geprüft werden.

Laut Baugesetzb­uch sind ja landwirtsc­haftliche Vorhaben im Außenberei­ch privilegie­rt. Für den Laien: Was heißt Außenberei­ch und was heißt privilegie­rt?

Von Außenberei­ch spricht man, wenn es kein im Zusammenha­ng bebauter Ortsteil ist. Das Maß der Abgrenzung ist die letzte Hauskante: Wenn man ein Gummiband um die Häuser eines Orts ziehen würde, wäre alles innerhalb der Innenberei­ch. Durch die Privilegie­rung haben landwirtsc­haftliche Betriebe – anders als private Bauherren oder Firmen – grundsätzl­ich das Recht, im Außenberei­ch zu bauen. Aber natürlich nicht x-beliebig, wo der Landwirt möchte: Er muss trotzdem die Vorgaben zum Beispiel des Naturschut­zes, des Landschaft­sschutzes, die Belange des Forsts, das Wasserrech­t einhalten. Außerdem muss ein solches Bauvorhabe­n einem landwirtsc­haftlichen Betrieb dienlich sein – auch dies prüft das Landwirtsc­haftsamt.

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FOTO: LANDRATSAM­T Hubert Baur

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