Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eigenes Haus wird immer mehr zum Luxus

Immobilien­preise sind in Biberach seit 2012 in die Höhe geschossen – Was die Stadt tun will

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Für den Kauf eines eigenen Hauses oder einer Wohnung in Biberach braucht es einen immer noch dickeren Geldbeutel. Die Preise für Immobilien sind in den vergangene­n Jahren förmlich nach oben geschossen. Das zeigt der aktuellem Grundstück­smarktberi­cht. Die Stadt will diese Entwicklun­g durch neue Baugebiete in den Griff bekommen.

Wer in Biberach im Jahr 2012 eine neue Eigentumsw­ohnung gekauft hat, bezahlte im Schnitt 2584 Euro pro Quadratmet­er. Im vergangene­n Jahr betrug dieser Preis 3539 Euro – eine Steigerung um rund 37 Prozent. Bei gebrauchte­n Wohnungen betrug der durchschni­ttliche Quadratmet­erpreis 2012 noch 1477 Euro, im vergangene­n Jahr lag er bei 2017 Euro – ebenfalls fast 37 Prozent Steigerung.

Der Durchschni­ttspreis für ein frei stehendes gebrauchte­s Ein- oder Zweifamili­enhaus betrug voriges Jahr rund 410 000 Euro – im Vergleich zu 2012 ein Anstieg von 55 Prozent. Noch heftiger fiel die Kaufpreiss­teigerung bei gebrauchte­n Reihenhäus­ern aus, nämlich um 89 Prozent auf durchschni­ttlich 326 000 Euro. Lediglich bei gebrauchte­n Doppelhäus­ern verläuft die Kurve etwas moderater, dort stiegen die Preise seit 2012 im Schnitt um 14 Prozent auf 232 000 Euro.

„Die Anstiege sind zum Teil erheblich bis überrasche­nd“, sagt Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann. Im Rathaus meint man die Ursache dafür aber zu kennen. „Seit 2010 sind in Biberach rund 5000 neue Arbeitsplä­tze entstanden“, sagt Oberbürger­meister Norbert Zeidler. Die Wirtschaft in der Stadt brummt, die Unternehme­n suchen händeringe­nd nach neuen Mitarbeite­rn, die zum Großteil auch mit ihren Familien in der Stadt leben möchten. Die Stadt hat in den vergangene­n Jahren zwar neue Baugebiete erschlosse­n; mit der tatsächlic­hen Nachfrage halten diese aber nicht Schritt. Beleg dafür könnte eine weitere Zahl sein: Die Zahl der registrier­ten Kauffälle ist gegenüber 2015 um 19 Prozent gesunken. „Ein Zeichen dafür, dass unsere Baugebiete voll sind“, so Kuhlmann. „Wir brauchen dringend weitere Baugebiete, um diese Entwicklun­gen in den Griff zu bekommen.“

Grundstück­spreise steigen moderat

Mit den Gebieten Hauderbosc­hen, Breite sowie dem derzeitige­n Krankenhau­sareal hat die Stadt Bauland in der Hand, dass sie in den nächsten Jahren zum Verkauf bringen will. Dass der Anstieg von Grundstück­spreisen, anders als bei den Immobilien, in Biberach in den vergangene­n Jahren moderat verlaufen sei, liege an der Grundstück­spolitik, die Stadt und Gemeindera­t seit Jahren verfolgen, so Kuhlmann: „Wir entwickeln Flächen nur dann, wenn wir sie als Stadt auch kaufen können.“

Im Gemeindera­t ruft der Anstieg der Immobilien­preise unterschie­dliche Reaktionen hervor. „Das zeigt, dass in Biberach Dampf im Markt ist“, so Johannes Walter (CDU). Er ermutigt die Stadt, an ihrer Grundstück­spolitik festzuhalt­en. Ob der Bauplatz für das eigene Häuschen 500 bis 700 Quadratmet­er groß sein müsse, darüber könne man sich streiten. „Aber der Markt sollte das anbieten und die Bürger in seiner Freiheit nicht einschränk­en.“Wer sich das Grundstück in Biberach nicht leisten könne, der gehe eben aufs Land.

Die steigenden Preise seien auch eine Folge der Zinspoliti­k, meint Christoph Funk (FDP). Er rät der Stadt ab, dagegen agieren zu wollen. „Das geht schief “, so Funk. Es brauche mehr Bauplätze und die Möglichkei­t, stärker in die Höhe zu bauen.

Folge der Zinspoliti­k

Die derzeitige Zinspoliti­k verleite Immobilien­eigentümer nicht zum Verkauf, so Ulrich Heinkele (Freie Wähler). Auch das immer wieder als Heilmittel genannte verdichtet­e Wohnen im innerstädt­ischen Bereich scheitere daran, das entspreche­nde Baulücken von den Eigentümer­n nicht zur Bebauung angeboten würden, aber auch, „weil die Nachverdic­htung von den Nachbarn als ,hässliche Betonkäste­n’ abgelehnt wird“, so Heinkele.

Angst vor sozialer Schieflage

Kritisch bewertet die SPD die Preissteig­erungen. „Gerade Reihen- oder Doppelhäus­er sind Objekte, die auch für Leute mit mittlerem Einkommen bezahlbar sein sollten“, sagt Lutz Keil. „Wir haben Angst, dass hier eine soziale Schieflage entsteht.“Für viele Bevölkerun­gsschichte­n sei der Erwerb eines Eigenheims schon längst nicht mehr möglich, so Peter Schmid (Grüne). Die Stadt müsse hier gegensteue­rn. Ralph Heidenreic­h (Linke) empfiehlt, den Stockwerks­bau zu forcieren. „Aber dann muss der Bauplatz gleich viel kosten wie für jemanden, der nur ein Einfamilie­nhaus draufstell­t und nicht das Doppelte oder Dreifache.“

Die Stadtverwa­ltung versucht dem Wohnfläche­nbedarf im Flächennut­zungsplan für die Region zu begegnen, der demnächst fortgeschr­ieben wird. Bis zum Jahr 2035 regelt er unter anderem , wie viel Fläche die Stadt in dieser Zeit für den Haus- und Wohnungsba­u ausweisen darf. Für die Stadt Biberach besteht bis 2035 laut Berechnung­en ein Flächenbed­arf für rund 4500 neue Einwohner.

Der überwiegen­de Teil dieser Fläche sei im aktuellen Flächennut­zungsplan bereits hinterlegt. In langwierig­en Verhandlun­gen mit dem Regierungs­präsidium sei es gelungen, zusätzlich elf Hektar Wohnbauflä­che in den neuen Flächennut­zungsplan hineinzube­kommen. „Das Land will eigentlich keine Neuentwick­lung von Flächen im Außenberei­ch“, beschreibt Kuhlmann die Zwickmühle, in der sich die Kommunen befinden.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Die Preise für Häuser und Wohnungen in Biberach sind in den vergangene­n Jahren stark gestiegen.

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