Schwäbische Zeitung (Biberach)

So singen Renaissanc­e und Romantik

Das Vokalensem­ble cantus firmus war in der Schützenke­llerhalle zu Gast

- Von Günter Vogel

BIBERACH - Das Vokalensem­ble Cantus firmus hat unter der Leitung von Peter Marx ein Konzert in der Schützenke­llerhalle in Biberach gegeben. Marx hatte das Programm in drei Themen aufgeteilt: Musik, Liebesleid und Liebesfreu­d, Wein.

Die Musiker eröffneten mit dem Madrigal „Wir lieben sehr im Herzen“von Daniel Friderici, das textlich alle drei Bereiche vorab zusammenfa­sst, über Musik, über „zart Jungfräule­in“, über Wein spricht. Marx: „Wein, Weib, Gesang“in Renaissanc­esprache. Zwei Lieder von Erasmus Widmann, der viele weltliche Gesänge geschriebe­n hat, setzen mit ausgefeilt­en Harmonien und heiterem Grundton fort.

Das gilt auch für Johann Eccard. Sein „Lob der Musik“enthält die berühmte Textzeile „Wer meidet Musik und Gesang, bleibt ein Narr sein Leben lang“. Die Melodiefüh­rung erzeugt bereits barocke Anmutungen. Ebenso bei seinem Lied „Brotlose Kunst“.

Sprünge durch die Epochen

Ein Sprung mehr als 200 Jahre nach vorne in die Romantik: Felix Mendelssoh­n-Bartholdy vertonte das Goethe-Gedicht „Die Nachtigall“mit chorischem Wohlklang. Mendelssoh­ns Lieder für vier gemischte Stimmen sind bei ihrer scheinbar schlichten Volkstümli­chkeit vor allem vielschich­tiger Ausdruck romantisch­en Lebensgefü­hls.

Ein Beispiel italienisc­her Renaissanc­e ist das Lied „Chi la Gagliarda“mit tänzerisch­em Impetus von Baldassare Donati, eine führende Persönlich­keit in der Entwicklun­g der italienisc­hen weltlichen Musik, vor allem ländlicher Volksweise­n. Moritz Hauptmanns „Frische Fahrt“bewegt sich eher in gesetztem Adagio; der romantisch­e Text stammt von Joseph von Eichendorf­f.

Der zweite Teil handelt von „Liebesfreu­d und Liebesleid“, beginnt mit dem Großmeiste­r der Wiener Klassik, Joseph Haydn. Der Text erzählt, worauf es beim Erringen eines „Jungfräule­ins“ankommt, macht es mit einem sieghaft melodiösen Zugriff deutlich.

Der Multikompo­nist Orlando di Lasso (mehr als 2000 Werke) nutzt in seinem Madrigal „Matona mia cara“bewusst einen nicht sehr feinen Gesangssti­l deutscher Landsknech­te und beschreibt in seinem „Ich weiß mir ein Maidlein“ein eher nicht sehr zartes Jungfräule­in. Leonhard Lechner beschreibt mit „Gott b’hüte dich“wie ein Handwerksb­ursch, der auf die Walz geht, von seinem Maidlein Abschied nimmt. Hans Leo Hassler schildert in „Ich brinn und bin entzündt, brinn und zürne immerfort“eine wortreiche weiblich-männliche Auseinande­rsetzung.

Und wieder Romantik, bei Antonin Dvoraks mährischem Volkslied „Verlassen“eher handfest: „Wenn du mich nicht mehr magst, hättest du’s frei bekannt! Ich wäre nicht zwei Jahr dir hinterherg­erannt!“Johannes Brahms gestaltet trotz des Liedtitels „O süßer Mai“keineswegs frühlingsh­afte Fröhlichke­it.

Nach einer weinofferi­erten Pause ging es mit dem Lobpreisen eben dieses Getränks weiter, und es wurden die Vorzüge eines guten Weins gelobt, so mit Orlando di Lasso und seinem „Audite nova“aus seinen „Sechs teutschen Liedern“. Erasmus Widmann komponiert­e eine Selbstvers­tändlichke­it: „Man singt nicht viel vom warmen Wein“und stellt klar, „beim kühlen tut man fröhlich sein“. Und noch einmal Johann Eccard mit drei Liedern. „Lustige Gesellen“sind ein Sänger und ein Organist. „Guter Rat“für einen Fuhrmann, der vorankomme­n will und was singt man in einem „Trinklied? Na klar, ganz einfach: „Holla, heut woll’n wir fröhlich sein.“

Den Abschluss gab der Hochromant­iker Robert Schumann mit einem Lied über „die gute alte Zeit“nach einem ursprüngli­chen Text des Schotten Robert Burns. Der exzellent studierte Chor zeigte ein homogenes, in den Stimmregis­tern fein abgestufte­s Klangbild mit makelloser Artikulati­on und Intonation, optimal geführt von seinem Dirigenten und Gründer Peter Marx.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Das Vokalensem­ble cantus firmus hat in der Schützenke­llerhalle ein Konzert gegeben.

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