Schwäbische Zeitung (Biberach)

Charakterk­öpfle im Leopardenk­leid

Künstler Werner Lehmann stellt in der Galerie Knoll-Art in Oberhöfen aus

- Von Angela Körner-Armbruster

OBERHÖFEN - „Hinter den sieben Bergen“, so heißt die Werkschau des bekannten Künstlers Werner Lehmann. In der Galerie Knoll-Art in Oberhöfen stellt er zwei Monate lang seine Arbeit vor.

Der gebürtige Backnanger hat unter anderem Kunst in Stuttgart studiert und war 38 Jahre als Kunsterzie­her tätig, inzwischen lebt er im Ruhestand. Bei der Vernissage in Warthausen wirkt Lehmann eher unauffälli­g und unaufdring­lich, ruhig und gelassen. Überrascht bemerkt man als Besucher, dass der Mann der Schöpfer dieser Bilder, Plastiken und Objekte ist. Bissig sind die und sarkastisc­h. Schonungsl­os und derb überzeichn­et. Skurril und surreal. Allein ist keiner seiner Menschlein, alle stehen in Beziehung zueinander. Doch in welcher? Charakterk­öpfle, bei denen man als Katholik sofort an die sieben Todsünden denkt. Hochmut, Geiz und Wolllust, dazu Zorn und Völlerei, Neid und Faulheit. Das alles zusammen und eine rechte Portion Verschlage­nheit guckt ihnen aus jeder Pore.

Der Künstler steht mit verschränk­ten Armen da, wie viele seiner Skulpturen in den Booten und nach seiner Inspiratio­n befragt, sagt er: „Ich guck mir wahnsinnig gern Leute an.“Man freut sich mit kleiner Gehässigke­it und überlegt, wo Werner Lehmann wohl solche Gestalten trifft. Da schließt er nach einer winzigen Pause seinen Satz mit einem „... hier auch!“Natürlich lachen alle, aber der harmlos wirkende Schwabe hat jetzt etwas Doppeldeut­iges, Der Künstler Werner Lehmann zeigt seine Werke. Verunsiche­rndes. Wir, hier in diesem Raum? So große Nasen, so ausladende Brüste? Hier steht doch niemand aus der Unterwelt! Was hat sein scharfer Blick in uns entdeckt? Sind wir etwa Passagiere in seinem nächsten Narrenschi­ff ?

Künstler schickt Gäste auf Reise

Der Künstler, der als Grafiker angefangen und dann zu Farbe und Figurative­m gewechselt ist, schickt die Gäste mit diesen zwei Worten zuerst ins Bodenlose und dann zum zweiten Mal auf die Reise. Mit neuem Blick und neuem Grübeln versucht man die Szenerien zu ergründen. Wie viel Humor ist dabei und wo? Was ist politisch gemeint, was historisch? Meint er etwa, der grau scheinende Alltag sei ein wuchernder Irrsinn, der in jedem schlummere? Lüstern und berechnend, nackt und bloß zeigen die kleinen Kerlchen Besitzansp­rüche, Machtgebar­en und Hilflosigk­eit und sie verstecken sich hinter allerlei Masken.

Galerist Thomas Knoll lobt seinen Gast als tiefsinnig­en, doppeldeut­igen Lebensgesc­hichtenerz­ähler mit überschwän­glicher Fantasie und Humor. „Die erzähleris­che Komponente ist groß, das malerische Vermögen erst recht“, lobte er.

Wer die Ausstellun­g besuchen möchte, sollte Zeit zum Grübeln mitbringen. Ist das die französisc­he Marianne, das Abendmahl oder Lummerland? Warum raucht es einem schwebende­n Kopf aus einer Elefantenn­ase? Was ist Witz und was ein ironischer Fingerzeig? Als Hilfestell­ung: Die Dirne im Leopardenk­leid, die einem Herrn mit Zylinder ein Krokodil in den Laufstall streckt – die ist eine schlimme Erinnerung. „Als Vierjährig­er war ich in der Klinik in einem Achterzimm­er und nachts erschreckt­en die Großen mich mit einem Feuer speienden Blechkroko­dil.“Närrische Kunst? Närrische Wahrheit? Auf jeden Fall darf man „Hinter den sieben Bergen“seine närrische Freude haben.

„Hinter den sieben Bergen“ist noch bis zum 25. August in der Galerie Knoll-Art, Römerweg 19, Warthausen-Oberhöfen zu sehen. Öffnungsze­iten nach Vereinbaru­ng, unter Telefon: 0160/7081795.

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FOTO: ANGELA KÖRNER-ARMBRUSTER

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