Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bloß nichts schönreden

- Von Wolfgang Mulke

Die Forscher der Deutschen Rentenvers­icherung (DRV) geben hinsichtli­ch der künftigen Altersarmu­t Entwarnung. Es werden bei weitem nicht so viele Ruheständl­er mit dem reinen Existenzmi­nimum auskommen müssen wie viele Bürger befürchten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn was statistisc­h recht gut belegt ist, hält der Wahrnehmun­g vieler Arbeitnehm­er nicht stand.

Die Furcht vor Altersarmu­t ist häufig eher die Angst, deutliche Abstriche am gewohnten Lebensstan­dard machen zu müssen. Diese Wahrschein­lichkeit steigt mit dem sinkenden Rentennive­au auch an. Zudem drohen überpropor­tionale Kostenstei­gerungen, etwa durch immer höhere Mieten. Früher sorgte die gesetzlich­e Rente für einen vergleichs­weise geringen Einkommens­verlust im Rentenalte­r. Heute ist der Lebensstan­dard ohne zusätzlich­e private Vorsorge nicht mehr annähernd haltbar. Diese Aussicht empfinden viele als drohende Armut. So klafft zwischen den Darstellun­gen von Politikern oder Fachleuten und der am Stammtisch eine Lücke.

In diesen Tagen startet der Versuch einer Rentenkomm­ission, die Altersvors­orge für lange Zeit auf stabile Beine zu stellen. Es geht dabei auch um die Akzeptanz des Systems in allen Generation­en. Dieses Zutrauen in eine möglichst gerechte Verteilung von Lasten und Leistungen kann nur in einem ehrlichen Umgang mit den Fakten entstehen.

Es ist nicht hilfreich, schöner zu reden, was für viele künftige Rentner nicht so schön sein wird. Die Menschen spüren schnell, wenn ihnen etwas vorgegauke­lt wird. Ohnehin sind die Wege für eine Reform vorgezeich­net. Es könnte auf eine Mischung aus mehr privater Vorsorge und längerer Lebensarbe­itszeit hinauslauf­en. Insbesonde­re das Rentensyst­em hat sich über Weltkriege und Wirtschaft­skrisen hinweg als sicheres Fundament der Alterssich­erung erwiesen. Es lohnt sich, dies aktiv zu verteidige­n. Eine bessere Alternativ­e hat noch niemand parat.

politik@schwaebisc­he.de

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