Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schäfer setzt 3000 Euro Belohnung aus

Herde vom Zug überrollt – Vier Wochen nach dem Unglück wird weiter ermittelt

- Von Christian Schellenbe­rger

RAVENSBURG - Den Morgen des 6. Juni wird der Schäfer Michael Thonnet nicht so schnell vergessen: Fast 50 Schafe starben, als ein Zug in seine panische Herde raste. Er glaubt, dass sich jemand am Zaun zu schaffen gemacht hat – und setzt nun eine Belohnung für Hinweise aus.

Ihm habe sich ein wahres Schlachtfe­ld geboten, nachdem er von der Polizei zum Unfallort an der Bahnstreck­e Singen – Stuttgart gerufen worden sei. Noch heute, rund vier Wochen nach dem Unglück, lassen ihn die schrecklic­hen Bilder nicht los. „Das nimmt einen mit“, sagt der Schäfer – nicht nur wegen des finanziell­en Schadens von etwa 8000 Euro, für den keine Versicheru­ng aufkommt. Thonnet pflegt ein inniges Verhältnis zu seiner Herde mit mehreren Hundert Tieren.

Doch 49 von ihnen fehlen jetzt. Sie waren am 6. Juni allein auf ihrer umzäunten Weide an der Bahnstreck­e, als vermutlich ein Hund die Tiere in Angst versetzte und dessen Halter, so glaubt zumindest Thonnet, die Batterie für den Elektrozau­n abhängte. Ein Schaf habe Verletzung­en an den Hinterbein­en, wie sie typisch seien für Hundebisse. Thonnet

spricht aus Erfahrung. „Das kommt leider immer mal wieder vor“, sagt er. Auch einen Defekt am Zaun schließt der Schäfer aus. Noch am Nachmittag des Vortages habe er eine neue Batterie angeschlos­sen – und diese am Abend vor dem Unglück nochmal kontrollie­rt. Auch nach dem Unfall habe der Zaun funktionie­rt, nachdem er die Batterie wieder angeschlos­sen hatte.

In Todesangst seien die Schafe, getrieben von dem unbekannte­n Hund, wohl auf die Schienen gerannt und seien dort verstört im Kreis gelaufen – mit dramatisch­en Folgen. Ein mit vier Fahrgästen besetzter Regionalzu­g konnte nicht mehr rechtzeiti­g stoppen und erfasste die Tiere. Einige seien so schwer verletzt gewesen, dass Thonnet schweren Herzens zum Gnadenschu­ss ansetzen musste.

„Zum Glück sind keine Menschen zu Schaden gekommen“, sagt der Schäfer. Wenn ein ICE in die Herde gerast wäre, hätte das wohl schlimmere Folgen gehabt. „Ein Bahnmitarb­eiter hat mir gesagt, der wäre entgleist“, berichtet Thonnet.

Mehrere Hinweise

Wer für das Unglück verantwort­lich ist, ist auch nach vier Wochen noch unklar. Nach wie vor wird in alle Richtungen ermittelt. Zwar seien bei der Bundespoli­zeiinspekt­ion Konstanz mehrere Hinweise eingegange­n – ein konkreter Verdacht sei aber nicht dabei, teilte Pressespre­cher Christian Werle mit.

Schäfer Thonnet wundert das. Die Weide befinde sich in unmittelba­rer Nähe eines Wohngebiet­s. Da müsse es doch jemanden geben, der etwas bemerkt habe. Doch auch bei Thonnet selbst habe sich erst ein Hinweisgeb­er gemeldet. Die Hoffnung, den Schuldigen zu finden, will er jedoch nicht aufgeben: 3000 Euro Belohnung hat er nun für sachdienli­che Hinweise ausgesetzt.

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FOTO: DPA Die Schafe waren wohl in Angst auf die Schienen gerannt.

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