Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wirtschaft wirbt für Flughafen Altenrhein

Ausbau des Betriebs anvisiert – Studie soll ökonomisch­en Nutzen nachweisen

- Von Uwe Jauß

ALTENRHEIN - Friedrichs­hafen, Memmingen und Altenrhein bilden ein Flughafen-Dreigestir­n. Es umfasst die Bodensee-Region sowie das Allgäu. Wobei Altenrhein der kleinste Flughafen ist. Er liegt auf dem Gebiet des Kantons St. Gallen in Bodensee-Nähe. Nun wollen ihn Vorarlberg­er und Schweizer Wirtschaft­sverbände voranbring­en. Eine von ihnen in Auftrag gegebene Studie weist ihn als „regionalen Wertschöpf­ungsmotor“aus. Altenrhein schneidet demnach in diesem Segment sogar ähnlich ab wie der zum Vergleich herbeigezo­gene Münchner Flughafen.

Das Nebeneinan­derstellen beider Airports scheint etwas gewagt zu sein. So hat Altenrhein in den vergangene­n Jahren pro Jahr rund 100 000 Linien-Passagiere abgefertig­t. München lag bei den aus dem Jahr 2012 stammenden Vergleichs­zahlen bei 38,7 Millionen Passagiere­n. Studienaut­orin Anna Kleissner vom Kölner Wirtschaft­sforschung­sinstitut Twin Economics wollte aber mit Blick auf den Großflugha­fen der bayerische­n Hauptstadt eines nachweisen: So wie der Münchner Airport in seinem Raum eine starke wirtschaft­liche Position hat, erbringe auch Altenrhein zwischen Bregenz und St. Gallen einen ökonomisch­en Gewinn.

Bei der Vorstellun­g der Studie am Dienstag im Verwaltung­sgebäude des Regionalfl­ughafens sagte Kleissner: „Mit jedem Euro Umsatz am Flughafen Altenrhein werden 84 Cent Bruttowert­schöpfung in der Region ausgelöst.“Gemeint ist damit, dass Handwerker gebraucht werden, Brötchen eingekauft werden müssen oder Strom geliefert wird. Im Fall von München liegt der Multiplika­tor laut Studie nur drei Cent höher.

Nun geht es den Vorarlberg­er und Schweizer Wirtschaft­sverbänden jedoch nicht um eine Huldigung an die Betreiberg­esellschaf­t Airport Altenrhein AG oder deren Besitzer Markus Kopf, einem Vorarlberg­er Unternehme­r. Im Hintergrun­d steht die Absicht, für eine Kapazitäts­steigerung des Flughafens zu werben. „Es wäre wichtig, den Flughafen weiterzuen­twickeln“, betonte etwa Martin Ohneberg, Präsident der Industriel­lenvereini­gung Vorarlberg, bei der Studienprä­sentation. Thomas Bolt, Geschäftsf­ührer des eidgenössi­schen Arbeitgebe­rverbandes Rheintal, äußerte sich ähnlich.

„Der Flughafen ist ein bedeutende­r Faktor für die Region – gerade im Hinblick auf die wirtschaft­liche Infrastruk­tur und die vielen bei uns global agierenden Unternehme­n“, meinte Reinhard Frei vom grenzübers­chreitende­n Rheintaler Wirtschaft­sforum und Rheintaler Unternehme­rtreff. Er geht beispielsw­eise davon aus, dass die Künzelsaue­r Würth-Gruppe ohne den Airport keine Niederlass­ung in Altenrhein gegründet hätte.

Kuriosum um rechtliche­n Status

Luftfahrte­xperten weisen dem Altenrhein­er Flughafen in seinem jetzigen Zustand eine mögliche jährliche Kapazität von 200 000 Passagiere­n zu – doppelt so viele wie gegenwärti­g. Weshalb die Vertreter der Wirtschaft­sverbände zumindest momentan weniger an einen Ausbau des Airports denken. „Es geht um den Abbau der sehr vielen Restriktio­nen, unter den der Flugverkeh­r leidet“, sagte der Vorarlberg­er Industriek­apitän Ohneberg. Sie haben unter anderem mit seinem österreich­ischen Bundesland zu tun. Drei Vorarlberg­er Gemeinden zählen zu den Nachbarn des Flughafens. Auch wegen ihnen gab es vor rund 20 Jahren einen schweizeri­sch-österreich­ischen Staatsvert­rag über Flugbeschr­änkungen: Nachtflugv­erbot, Mittagspau­se, verkürzte Flugzeiten am Wochenende, Flugverbot an vier Feiertagen.

Bisher scheinen diese Restriktio­nen für den Flugverkeh­r nicht sonderlich relevant gewesen zu sein. Was die Linienflie­gerei angeht, so besteht das Angebot von Altenrhein traditione­ll vor allem im Betreiben der Verbindung nach Wien – für die Vorarlberg­er von gesteigert­em Interesse. Sollten aber zunehmend weitere Destinatio­nen dazu kommen, steht der Flughafen jedoch neben Emissionsd­iskussione­n vor einem eher seltenen Problem: Er ist gar nicht als Verkehrsfl­ughafen konzession­iert. Sein rechtliche­r Status ist der eines privaten Flugfeldes.

Vom Prinzip her tolerieren die Schweizer Behörden den Status quo. Sollte der Linienverk­ehr jedoch ausgebaut werden, fordern sie ein Konzession­ieren. Wegen der Grenzlage hat Vorarlberg dabei ein Wörtchen mitzureden. Bisher hat es immer nein geheißen. Hinter den politische­n Kulissen fänden aber gegenwärti­g Gespräche über die Zukunft von Altenrhein statt, heißt es aus Kreisen der Wirtschaft­sverbände. Weshalb die nun vorgestell­te Studie „als Hilfestell­ung für die politische Ebene“gedacht sei – natürlich im Sinne der Auftraggeb­er.

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FOTO: UWE JAUSS Flughafen Altenrhein, der gar kein Flughafen ist: Rechtlich handelt es sich bei dem Airport nämlich nur um ein Flugfeld, was einem Ausbau der Kapazitäte­n entgegenst­ehen könnte.

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