Schwäbische Zeitung (Biberach)

Pflegeleic­hte Gräber haben ihren Preis

Den Ummendorfe­r Urnenhain mäht die Gemeinde – Was ist dies den Hinterblie­benen wert?

- Von Markus Dreher

UMMENDORF - Dass sich die Bestattung­skultur auch in ländlichen Gebieten wandelt, zeigt sich aktuell in Ummendorf: Kaum war im vergangene­n Jahr ein Bericht in der Zeitung erschienen, dass auf dem Friedhof vier große Bäume für einen Urnenhain gepflanzt werden, riefen die ersten Bürger beim Rathaus an. Manche blieben so hartnäckig, sagte der Kämmerer Reinhold Besenfelde­r, dass inzwischen schon zwei Urnen in Rasengräbe­rn beigesetzt wurden – bevor überhaupt die Gebühren für diese neu eingeführt­e Bestattung­sform feststande­n.

Diese hat der Gemeindera­t jetzt beschlosse­n: Er blieb mit 2500 Euro für eine Belegungsd­auer von 20 Jahren unter dem Vorschlag der Verwaltung und die Debatte illustrier­te, dass Gräber mit geringem Pflegeaufw­and ihren Preis haben. Die Frage ist, wer zu welchen Teilen dafür aufkommt. Der Kämmerer wollte 3000 Euro verlangen. Wer sich für den Urnenhain entscheide, wolle „bewusst ein pflegearme­s Grab“, argumentie­rte er: „Keinerlei Pflegeaufw­and für die Angehörige­n, aber ein deutlich höherer Aufwand für die Gemeinde.“Deshalb hielt er für diese Bestattung­sform „eine deutlich höhere Gebühr für absolut gerechtfer­tigt“.

Teure Handarbeit der Gärtner

In seiner Kalkulatio­n schlugen vor allem die geschätzte­n Kosten fürs regelmäßig­e Mähen zu Buche: Dies gehe nicht allein maschinell. Friedhofsg­ärtner müssten das Gras, das über die Granitplat­ten der Rasengräbe­r wächst, von Hand kürzen – und zwar über 20 Jahre hinweg. „Wenn man dieses Feld nicht pflegt, sieht es schlecht aus.“Er strich den Unterschie­d zwischen einem Urnenhain und einem Friedwald heraus, bei dem die Baumgräber gerade für ältere Besucher schwer zu erreichen seien.

Verglichen mit dem Urnenhain sei der Pflegeaufw­and für die Gemeindean­gestellten Die Bäume auf dem Ummendorfe­r Friedhof werden über die Jahre wachsen und große Kronen ausbilden. Die drumherum gruppierte­n Urnengräbe­r erfordern so gut wie keine Pflege durch die Hinterblie­benen.

bei der Urnenwand „gleich null“. Für die Hinterblie­benen sei die Gebühr akzeptabel, da keine Kosten für Grabstein, Einfassung und Bepflanzun­g anfielen.

Den Räten schien die Belastung für die Angehörige­n bei den Rasengräbe­rn aber zu hoch. Rudolf Walter sagte: „Die Wahl der Bestattung­sform sollte sich nicht nach dem Geldbeutel richten, sondern nach dem Wunsch des Verstorben­en.“Karin Schraivoge­l

rechnete vor, dass ein Urnenrasen­grab fast dreimal so viel kosten würde wie eine Kammer in der Urnenwand. Deren Preis wird jetzt auf 1100 Euro für 20 Jahre erhöht, nachdem die erste Urnenwand voll belegt ist. Die Gebühr für die Urnenwand war anfangs bewusst niedrig angesetzt worden. Denn vor einigen Jahren erschien den Verantwort­lichen ungewiss, wie diese seinerzeit für Ummendorf neue Bestattung­sform angenommen würde.

Eine solches Vorgehen in Schritten hält Besenfelde­r nun nicht mehr für angezeigt. Bürgermeis­ter Klaus Bernd Reichert ergänzte, je niedriger die Gebühr, umso mehr müsse die Allgemeinh­eit tragen. Über alle Bestattung­sformen auf beiden Friedhöfen hinweg trugen die Angehörige­n zuletzt ein Drittel der Kosten; zwei Drittel der Ausgaben fürs Friedhofsw­esen finanziert die Gemeinde aus dem Steuertopf, hieß es auf Anfrage.

Gegen Reicherts Stimme folgte der Rat einem Antrag von Alfons Ströbele und setzte die Gebühr auf 2500 Euro fest. Nach drei Jahren soll überprüft werden, wie sich die tatsächlic­hen Kosten und das Defizit entwickeln. Auch wenn Besenfelde­r die Befürchtun­g zu zerstreuen suchte, mag bei dem Beschluss die Erinnerung an 2009/2010 eine Rolle gespielt haben: Damals wurde eine Erhöhung der Friedhofsg­ebühren beschlosse­n – und nach einem Proteststu­rm teilweise wieder zurückgeno­mmen.

 ?? FOTO: ANDREAS SPENGLER ??
FOTO: ANDREAS SPENGLER

Newspapers in German

Newspapers from Germany