Schwäbische Zeitung (Biberach)
Saubermann und die Leaker
Chris Froome hakt Zweifel und Fragen öffentlich ab
PARIS (SID/dpa) - Die Unschuld? Bewiesen. Der Ruf? Gerettet. Die Dopingvorwürfe? Haltlos. Radprofi Christopher Froome geht nach dem Freispruch in der brisanten Asthmamittel-Affäre zur Tagesordnung über und sieht sich allen Zweiflern zum Trotz weiter als lupenreinen „Botschafter für sauberen Radsport“.
Vor dem Start der 105. Tour de France am Samstag hält sich der Rückhalt für den umstrittenen Briten allerdings in Grenzen. Der Ärger im Fahrerfeld über die Geschehnisse der vergangenen neun Monate ist groß. Zudem treibt die Sorge um die Sicherheit des 33-Jährigen das Peloton und den Weltverband UCI um. Für Froome selbst sind alle Bedenken an seinem Start unbegründet. „Der Radsport hat eine schwierige Vergangenheit, und als mehrfacher Toursieger sieht man sich vielen Zweifeln und Fragen ausgesetzt. Ich bin froh, in der Lage zu sein, diese Fragen nun abhaken zu können und damit weitermachen zu können, ein Botschafter für den Sport und sauberes Radfahren zu sein“, sagte er der britischen „Times“.
Froome spricht von 1429 Nanogramm
Der Kapitän des Sky-Teams ist sich keines Fehlverhaltens bewusst und sieht sich als Opfer der Indiskretionen von „Leakern“, die seinen erhöhten Probenwert des Asthmamittels Salbutamol bei der Vuelta im September 2017 der Presse kundtaten – und das nach seiner Ansicht mit falschen Angaben. „Der Druck war riesig. Das waren schwerwiegende Anschuldigungen. Ein Alptraumszenario für jeden sauberen Athleten“, sagte Froome, der ungeachtet aller Kritik weiter Rennen bestritt und im Mai sogar den Giro d’Italia gewann. Ein Startverzicht, so Froome, wäre „unethisch“gewesen. „Ich habe nichts falsch gemacht.“
Das sah auch die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA so. Die Dopingjäger wiesen den Vorwurf einer bevorzugten Behandlung Christopher Froomes zurück. Dessen Fall sei nicht einzigartig, die Umstände hingegen seien es schon, erklärte WADA-Wissenschaftsdirektor Oliver Rabin und nannte etwa die Einnahme weiterer Medikamente gegen eine Infektion als Faktor, der den Salbutamol-Wert beeinflussen kann. Die WADA hat einen Grenzwert von 1000 Nanogramm pro Milliliter Urin festgelegt. Dazu gebe es allerdings einen Ermessensspielraum bis 1200 Nanogramm, so Rabin. Froome bezifferte seinen Wert bei der ominösen Kontrolle vor seinem Vuelta-Sieg auf 1429 Nanogramm. Bisher war immer von knapp 2000 Nanogramm die Rede gewesen.
Der durch den Fall Froome ausgelöste Schaden ist dennoch groß. Die langsam und mit viel Mühe gesteigerte Glaubwürdigkeit des Radsports droht angesichts vieler Unklarheiten wieder verloren zu gehen. Die UCI, die mehr als neun Monate für die Urteilsfindung benötigt hat, steht in der Kritik. „Wie der ganze Fall behandelt worden ist, das ist einfach ein Chaos“, sagte Froomes Rivale Tom Dumoulin vom deutschen Sunweb-Team am Mittwoch. „Also gerade das, was wir im Moment nicht brauchen.“