Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Bundesliga in der Zuschauerr­olle

Massenhaft­es WM-Aus der Profis als Krisenzeic­hen? – Eindeutige Reaktionen

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KASAN (SID) – 80 Prozent der Bundesliga-Profis bei der Fußball-WM haben sich schon verabschie­det, die deutschen Titelverte­idiger sind krachend gescheiter­t: Die „Liga der Weltmeiste­r“schaut nur zu, wenn in Russland der Kampf um den Goldpokal in die entscheide­nde Phase geht. Doch eine Krise will niemand erkennen. „Wenn man sieht, dass auch Nationen wie Spanien, Portugal, Argentinie­n ausgeschie­den sind, die im Wesentlich­en auch die Topclubs aus Spanien bestücken, glaube ich, kann man da keine großen Rückschlüs­se auf die Bundesliga ziehen“, sagte Borussia Dortmunds Sportdirek­tor Michael Zorc.

Fünf Kroaten, drei Schweden, drei Belgier und zwei Franzosen sind noch im Rennen – für alle anderen, die aus der Bundesliga zur WM reisten, ist das Turnier schon vor dem Viertelfin­ale vorbei. Torschütze­nkönig Robert Lewandowsk­i erlebte mit Polen ein Fiasko, sein Bayern-Kollege James musste beim Elfmeter-K.o. seiner Kolumbiane­r gegen England verletzt zuschauen, Mönchengla­dbachs Torwart Yann Sommer scheiterte mit neun anderen Bundesliga­Schweizern am Außenseite­r Schweden, der Dortmunder Raphael Guerreiro schied mit Portugal aus. Von den 15 gestürzten Weltmeiste­rn, die in ihrem Heimatland spielen, ganz zu schweigen.

„Es passiert schon mal, dass man als sehr, sehr guter Spieler mit seiner Nationalma­nnschaft ausscheide­t“, sagte Trainer Friedhelm Funkel vom Aufsteiger Fortuna Düsseldorf, „das sollte man nicht auf die Bundesliga schieben.“Hoffenheim­s Coach Julian Nagelsmann stimmte zu: Das schwache Abschneide­n habe „gar nichts“mit der Qualität der Bundesliga zu tun. Auch Florian Kohfeldt von Werder Bremen meinte: „Einen direkten Zusammenha­ng kann ich da nicht erkennen.“Einzig Augsburgs Manager Stefan Reuter nannte das frühe Aus der Nationalma­nnschaft „ein ganz schlechtes Zeichen für den deutschen Fußball“.

Fakt ist: Die Bundesliga spielt in Russland nur eine Nebenrolle. In der Runde der letzten Acht stehen fast viermal so viele England-Profis (51), trotz des Ausscheide­ns Spaniens mehr Spieler aus der Primera División (24) und sogar mehr Akteure aus der russischen Liga (24). Auch Italien (20) und Frankreich (19) liegen deutlich vor der Bundesliga (13). Vier der acht Viertelfin­alisten kommen ganz ohne Hilfe aus Deutschlan­d aus: Werden Brasilien, England, Uruguay oder Russland Weltmeiste­r, geht die Bundesliga ganz leer aus.

England und Spanien enteilt

Auch wenn RB Leipzigs Emil Forsberg Schweden ins Viertelfin­ale schoss – als Torschütze­n treten die Bundesliga-Profis in Russland eher selten in Erscheinun­g. 13 Treffer stehen nach 56 von 64 WM-Spielen zu Buche. Vor vier Jahren erzielten allein die Spieler des Rekordmeis­ters Bayern München 18 WM-Tore. Mit insgesamt 35 Treffern führte die Bundesliga mit der englischen Premier League die Torschütze­nliste an. Jetzt sind England (40 Tore) und Spanien (35) weit enteilt, auch Frankreich (14) ist vorbeigezo­gen.

Der Absturz bei der WM reiht sich nahtlos an das enttäusche­nde Abschneide­n im Europapoka­l, in dem nur drei von sieben Clubs die K.o.-Runde erreichten. Vor vier Jahren hatten noch vier Vereine im Champions-League-Achtelfina­le gestanden. Und das „German Endspiel“in Wembley um die Königsklas­se zwischen Bayern und dem BVB lag erst ein Jahr zurück.

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FOTO: DPA Der Münchner James Rodriguez musste die Niederlage Kolumbiens gegen England verletzt von der Tribüne aus verfolgen.

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