Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sechs Gründe für den Erfolg der WM-Außenseite­r

Das massenhaft­e Favoritens­terben in Russland ist nicht nur mit der Schwäche der Großen zu begründen

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Donnerstag, 5. Juli 2018 MOSKAU (dpa) - Die WM in Russland, das lässt sich schon vor dem Viertelfin­ale und den letzten acht Turnierspi­elen bilanziere­n, ist ein einziges Favoritens­terben. Außenseite­r bahnen sich ihren Weg in Richtung Titel, mal frech, mal ausdauernd, mal ultrapassi­v und mit einer ordentlich­en Portion Glück. Doch der Trend der starken Außenseite­r hat einige Gründe.

Satte Topteams:

Was Real Madrid auf Vereinsebe­ne seit Jahren eindrucksv­oll widerlegt, ist bei den Nationalte­ams massiv bemerkbar: Den Champions fehlt bei dieser WM der ganz große Hunger nach mehr! Mit Portugal (EM 2016), Deutschlan­d (WM 2014), Spanien (EM 2012) und Chile (Copa América 2015 und 2016) sind alle großen Sieger der vergangene­n Jahre ausgeschie­den oder gar nicht vertreten. In keinem der Fälle erschien das Ausscheide­n besonders unverdient oder unglücklic­h.

WM-Turbulenze­n:

Spanien wirft einen Tag vor der WM den Trainer raus, Deutschlan­d kämpft mit den Folgen eines Fotos zweier Spieler mit dem türkischen Präsidente­n und in Argentinie­n machen Gerüchte die Runde, dass Lionel Messi und nicht Trainer Jorge Sampaoli die Aufstellun­g diktiert. Die großen haben sich selbst zerfleisch­t und die Tür geöffnet für Außenseite­r ohne große Nebengeräu­sche.

Gewachsene Kollektive:

Das gemeinsame Scheitern mit dem gleichen Kern schweißt zusammen, das beweisen in diesen Tagen vor allem Kroatien und Belgien. Trotz Elfmeterkr­imi (Kroatien) und 0:2-Rückstand (Belgien) hielten sich die Geheimfavo­riten im Turnier und demonstrie­rten ihre Stärke als Team. Ein weiterer Beweis für den Triumph der Einheit: Gastgeber Russland, der trotz seiner limitierte­n Möglichkei­ten und Unterlegen­heit auf dem Papier Ex-Weltmeiste­r Spanien ausschalte­te.

Nervenstär­ke vom Punkt:

Wenn nichts hilft, hilft der Punkt. Gerade in K.o.-Spielen profitiert häufig der Außenseite­r vom Elfmetersc­hießen. Der Gedanke, gegen ein stärkeres Team 120 Minuten den Gleichstan­d zu halten, befeuert Teams wie Russland – und trägt sie, wie in Moskau am Sonntag gesehen, sogar manchmal ins Viertelfin­ale.

Unheimlich­e Effizienz:

Wer als Außenseite­r bei einer WM überrasche­n will, muss effizient sein. Das bewiesen die Russen, die gegen Spanien aus einer Chance ein Tor machten und auch die Kroaten, die Messis Argentinie­r gnadenlos für ihre Fehler bestraften und 3:0 gewannen.

Der Überraschu­ngsfaktor:

Der Ballbesitz­fußball der Passmaschi­nen aus Spanien und Deutschlan­d scheint derzeit gescheiter­t. Die Teams von Fernando Hierro und Joachim Löw dominierte­n die Spiele, kontrollie­rten beinahe ständig den Ball, schieden aber frühzeitig aus. Feste Personalge­rüste, ein starres Spielsyste­m: Die Favoriten wirken oft viel zu unflexibel. Anders die Außenseite­r, die Systeme wechseln, überrasche­nde Joker bringen und so verblüffen. Einige der Favoriten waren darauf in Russland offenbar nicht gefasst.

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