Schwäbische Zeitung (Biberach)
Dorf nimmt Kirchensanierung in die Hand
Um Kosten zu sparen, arbeiten die Mühlhauser nun an der Kirche St. Ottilia
MÜHLHAUSEN - Sparsam wie ein Schwabe habe man gehaushaltet, sagt Jürgen Reder, der stellvertretende Vorsitzende der Kirchengemeinderats Mühlhausen. Doch einen Zuschuss von der Diözese für die Außensanierung der Kirche St. Ottilia gab es nicht. Die Gemeinde muss die Kosten für die Maßnahme alleine stemmen. Der Sparkurs zahlt sich im Nachhinein zwar nicht aus, stärkt dafür aber die Dorfgemeinschaft. Denn die Mühlhauser nehmen die Sanierung selbst in die Hand.
„Alles, was gut ist, kommt immer wieder zurück“, scherzt Reder. Gut alle 30 Jahre sei es dasselbe Spiel: Die Kirche ist von Pilz befallen, die Farbe blättert ab, das Mauerwerk hat Risse, ein Deckenbalken ist morsch, die Kirchenglocken und Zifferblätter müssen ausgebessert werden. Auch die Dachrinne wird neu befestigt. Die Kosten liegen bei insgesamt rund 130 000 Euro. Trotz vieler fleißiger Helfer immer noch eine ordentliche Summe, sagt Reder: „Allein das Gerüst hat dieses Mal so viel gekostet wie die gesamte Sanierung in den 70ern.“
32 Freiwillige hat Jürgen Reder zusammengetrommelt. Ministranten, berufstätige Männer und Frauen, Rentner: Sie alle helfen bei der Außensanierung mit. Karl Zell hat früher als Maurermeister gearbeitet und bringt Expertise mit: „Ich mache alles, was möglich ist. Nur Kübel tragen ist für mich zu schwer.“Er wisse, wie es auf dem Bau abläuft und freue sich darüber, den Kleinen etwas beibringen zu können.
Claudia Mayerhofer sieht ihre Qualitäten eher woanders: „Ich kümmere mich mehr um die Verpflegung und backe Kuchen oder bereite ein Vesper zu.“Ähnlich hält es Pfarrer Max Wiest. Er sei dankbar für die handwerkliche Unterstützung: „Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass dörflicher Zusammenhalt gut funktioniert.“
In drei Wochen soll alles fertig sein
Seit Anfang Juni läuft die Sanierung. Die Reinigung der Außenfassade war bereits nach nur einem Tag erledigt. Aktuell wird fleißig gestrichen: „Wir sind sehr gut im Rennen. In drei Wochen müsste alles fertig sein“, berichtet Reder. Dabei hatte Siegfried Locher, der Architekt, ursprünglich drei bis vier Monate bis zur Fertigstellung angepeilt: „Wir müssen uns keinen Stress machen.“Jürgen Reder sitzt dagegen schon ein wenig die Zeit im Nacken: „Ich hab nichts dagegen, wenn das Gerüst kürzer steht. Das spart Geld, das wir anderswo gebrauchen können.“
Die Baustelle ist rund um die Uhr geöffnet. Per WhatsApp vereinbart die Gruppe Treffen. Jeder kommt, wann er kann. Regelmäßig seien 15 Helfer vor Ort. Ganz ohne Unterstützung geht es jedoch nicht: Das Schlagwerk der Kirchenglocken richtet eine Firma. Außerdem steht ein Maler-Unternehmen auf Abruf bereit. „Wenn wir dranbleiben, sind wir nicht schlechter als eine Handwerkerfirma“, sagt Architekt Siefried Locher. Er beaufsichtigt das Projekt und schaut regelmäßig auf der Baustelle vorbei.
Zwei weitere Beobachter sind den Dorfbewohnern zugeflogen: Störche wollen sich auf dem Kirchturm niederlassen. „Da werden wir jetzt wahrscheinlich noch ein Gestell anbringen, damit die Tiere ihr Nest bauen können“, sagt Reder. Hierfür übernehme womöglich die Stadt die Kosten.
Streng genommen müsse auch etwas in der Kirche getan werden: „Auch innen muss gestrichen werden. Außerdem bräuchten wir eine neue Heizungsanlage.“Das müsse aber noch warten. Dafür habe man schlichtweg kein Geld. Reder ist mit den Gedanken schon bei der nächsten Belastung: „Im kommenden Jahr wird der Friedhof auf die Gemeinde überschrieben. Da kommen dann auch wieder Kosten auf uns zu.“
Die Hilfsbereitschaft der Dorfbewohner möchte Jürgen Reder vorerst nicht überstrapazieren. Er verzichtet auf aktive Spendenaufrufe: „Wir haben letztes Jahr erst die Orgel saniert. Ich kann jetzt nicht schon wieder Bettelbriefe schreiben.“Spendenaktionen gebe es wohl erst nach Abschluss der Bauarbeiten. Auf alle Fälle sei dann ein Einweihungsfest geplant.