Schwäbische Zeitung (Biberach)
Viele Risiken für RB Leipzig
Noch fehlen ein Trainer und der Keita-Ersatz, Lookman-Poker geht weiter
LEIPZIG (dpa) - Planlos ist ganz sicher kein Attribut, das man mit RB Leipzigs Chefstrategen Ralf Rangnick in Verbindung bringt. Auch wenn das dem einen oder anderen angesichts der – zumindest offiziell – immer noch ungeklärten Trainersituation beim Fußball-Bundesligisten einen Tag vor dem ersten Rasentraining so vorkommen mag. Bei Mittelfeldspieler Kevin Kampl hinterlässt das derzeitige Szenario zumindest ein „komisches Gefühl. Aber wir fangen ja am Montag erst richtig an. Bis dahin wird es eine Lösung geben“, sagte der 27-Jährige der „Bild“.
Auch bis Sonntagabend gab es noch keinen Bescheid, wer denn nun Nachfolger von Ralph Hasenhüttl und damit ein Jahr lang der Platzhalter für den im Sommer 2019 kommenden Julian Nagelsmann wird. Nach Informationen des Internetportals „Sportbuzzer“sollen Rangnick, Vorstandschef Oliver Mintzlaff und der US-Amerikaner Jesse Marsch derzeit verhandeln. Marsch, Ex-Coach des Schwesterclubs New York Red Bulls, sei am Samstag in Leipzig eingetroffen. Daher sei nicht vor Montag mit einer Entscheidung zu rechnen. Die Sachsen hatten mehrfach betont, sich bis dahin Zeit zu geben.
Ganz sicher ist: Hinter den Kulissen zieht seit Wochen „Mastermind“Rangnick die Fäden. Mit der Verpflichtung des umworbenen Nagelsmann gelang ihm ein Coup, der auch ein Fingerzeig an die Konkurrenz ist. Die Frage ist: Bürdet sich Rangnick die Doppelbelastung als Chefcoach und Sportdirektor womöglich noch einmal selbst auf ? Weil er dem Club die SpielDNA impliziert hat und am besten weiß, wie es laufen soll? Gegen den 60Jährigen spricht die deutlich höhere Beanspruchung. Zudem würde er sich bei sportlichem Misserfolg angreifbarer machen.
Oder übernimmt Marsch, der am Freitag in New York verabschiedet wurde? Der Weg für ihn nach Europa, wo er immer hin wollte, ist also frei. Für den 44-Jährigen spricht, dass er in New York auch attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen ließ. Der
Ex-Profi gilt als Psychologe, der weiß, wie man
Spieler anzupacken hat. Vor allem RB-Vorstandschef Oliver Mintzlaff, der Marsch als Head of Global Soccer 2015 nach New York holte, soll von ihm überzeugt sein.
Eine Doppelspitze mit Rangnick als Chefcoach und Marsch als Assistent gilt nach Medienberichten derweil als sehr unwahrscheinlich. Also: Entweder Rangnick oder Marsch? Oder jemand anderes? Es heißt, es gebe auch andere Interessenten.
Kampl würde sich über einen Trainer Rangnick freuen. „Er bringt Ideen ein, unterstützt und versucht, immer alle Spieler zu verbessern“, sagte er. Auch der bei der WM mit Schweden im Viertelfinale ausgeschiedene Emil Forsberg würde sich Rangnick wünschen. „Einer der besten der Welt, finde ich. Er weiß und kennt ganz genau die Eckpfeiler, wie RB-Fußball auszusehen hat“, sagte er kürzlich.
So oder so – die dritte Saison in der deutschen Eliteliga birgt für RB Risiken. Noch ist kein Ersatz für den für 70 Millionen Euro zum FC Liverpool gewechselten Naby Keita gefunden, und bislang stehen nur drei Zugänge fest: die Verteidiger Marcelo Saracchi (20) und Nordi Mukiele (20) sowie Stürmer Matheus Cunha (19). Zudem dürfte der englische Leihstürmer Ademola Lookman verloren gehen. Der FC Everton lehnte offenbar auch ein zweites RB-Angebot von 16 Millionen Euro Ablöse plus Extras ab. Die Briten wollen 23 Millionen Euro für den 20-Jährigen, der in elf Ligaspielen fünf Tore und drei Vorlagen beisteuerte.
Zudem wartet bis zum BundesligaAuftakt am 25./26. August bei Borussia Dortmund ein knallhartes Programm auf RB. Die erste Bewährungsprobe steht am 26. Juli mit dem Hinspiel der zweiten Runde der Europa-LeagueQualifikation an. Am Tag danach wird die Mannschaft ins zehntägige Trainingslager nach Seefeld fahren. Das Rückspiel findet am 2. August statt. 24 Stunden später testet RB in Schwaz gegen Huddersfield Town. In der ersten Runde des DFB-Pokals am 19. August trifft Leipzig auf den ambitionierten Regionalligisten Viktoria Köln.