Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Als Mann wird man schon mal belächelt“
Der 27-jährige Toni Keil ist einer von wenigen männlichen Pflegern
AULENDORF (sz) - Pflege ist ein klassischer Frauenberuf. Männer, die den Beruf des Altenpflegers oder des Gesundheitsund Krankenpflegers wählen, würden immer noch als Exoten gelten, teilt die , teilt die St.-ElisabethStiftung mit. Einer von ihnen ist Toni Keil. Der 27-jährige Gesundheits- und Krankenpfleger arbeitet als einziger Mann und stellvertretender Leiter am Standort Aulendorf der Sozialstation Gute Beth. Mit seiner Berufswahl sei er sehr zufrieden.
„Der Toni ist ein ganz lieber Junge, so gut und geduldig“, sagt Waltraud Kroner-Markel. Die 75-Jährige braucht jeden Tag Hilfe bei der Körperpflege. Einmal in der Woche ist Duschtag. Keil nimmt sie bei den Händen, hilft ihr eine kleine Stufe hinauf und verschwindet mit ihr im Badezimmer. „Abgesehen vom Waschen und Pflegen sind wir noch ganz selbstständig“, berichtet Wilhelm Kroner-Markel, der ebenfalls 75-jährige Ehemann. „Ich kann das noch bewältigen, ich bin ja noch fit.“
Mit Keils Hilfe ist das Ehepaar Kroner-Markel ebenso zufrieden wie mit den Besuchen seiner Kolleginnen von der Sozialstation. „Am Anfang war er mir noch ein bisschen fremd, da hab ich mich geniert“, erinnert sich Waltraud Kroner-Markel. „Aber ich hab mich schnell an ihn gewöhnt.“Der junge Mann sei sympathisch und freundlich. „Und dass da so ein hübscher Junge kommt, das muss man doch genießen“, sagt sie und lacht.
Anfangs genieren sich manche
Anderen Frauen ist die Vorstellung, von einem Mann gepflegt zu werden, eher unangenehm. „Es gibt Kundinnen, die ihn wegschicken würden, wenn er als Krankheitsvertretung vor der Tür stünde“, sagt Katharina Knaus, Leiterin der Sozialstation. Bei Vorgesprächen seien Kunden und Angehörige oft doppelt überrascht: Zum einen darüber, dass auch ein Mann bei der Sozialstation arbeitet. Zum anderen über das jugendliche Alter dieses Mannes. „Ich will den jungen Mann ja nicht verschrecken, wenn er mich alte Frau so sieht.“Das bekommt Knaus oft von Kundinnen zu hören. Bei den meisten ist es dann doch kein Problem. Oder sie erklären sich bereit, es auszuprobieren. „Und die hab ich noch alle überzeugt“, berichtet Keil und lacht. Bei schweren Patienten könne es auch ein Vorteil sein, wenn ein kräftiger Mann zupackt, gibt Knaus zu bedenken. Und manche männlichen Kunden fänden es angenehmer, wenn zur Pflege ein Mann kommt, zum Beispiel zum Rasieren.
Wie fühlt es sich für Keil an, in der Pflege zu arbeiten? Ihm gefallen vor allem die flexiblen Arbeitszeiten der Sozialstation, sagt er. Und dass er in der ambulanten Pflege, anders als im Krankenhaus, „draußen unterwegs“ist. Aber er gibt auch zu: „Als Mann wird man als Gesundheits- und Krankenpfleger auch schon mal belächelt.“Für Keil spielt das jedoch keine Rolle. Für ihn zählt die Freude an seinem Beruf.
Pflegeberufe sind nach wie vor eher Frauenberufe: Nach der aktuellen Pflegestatistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg ist das Pflegepersonal im Land zu 86 Prozent weiblich. Bei den 16 083 Gesundheitsund Krankenpflegekräften im Land liegt der Frauenanteil bei 89 Prozent. Die Sozialstation Gute Beth beschäftigt 44 Pflegefachkräfte, darunter vier Männer.