Schwäbische Zeitung (Biberach)

Betreuungs­verein feiert Jubiläum in stürmische­r Zeit

Reform des Notariatsw­esens und unsichere Finanzieru­ng beschäftig­en den Verein im Jahr des 25-jährigen Bestehens

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KÜRNBACH (sz) - Zahlreiche ehrenamtli­che Betreuer haben mit den Vereinsmit­gliedern des Betreuungs­vereins Biberach dessen 25-jähriges Bestehen im Tanzhaus des Kürnbacher Museumsdor­fs gefeiert.

Im Jahr 1992 wurden zahlreiche Regelungen zur Entmündigu­ng und Unterbring­ung vereinheit­licht und im „Gesetz zur Reform der Vormundsch­aft und Pflege für Volljährig­e“, kurz Betreuungs­gesetz, zusammenge­fasst. Im Jahr 2000 kam die Übernahme der Schulung zur Vorsorgevo­llmacht und Betreuungs­verfügung hinzu. Seitdem betreuen die vier Mitarbeite­r des Biberacher Betreuungs­vereins 194 Ehrenamtli­che und informiere­n in zahlreiche­n Veranstalt­ungen über die Möglichkei­ten der Vorsorgevo­llmacht. Die Gewinnung von neuen Ehrenamtli­chen sowie deren Schulung und die Bereitstel­lung von Ansprechpa­rtnern und Informatio­nsmaterial gehören ebenfalls zum Aufgabensp­ektrum.

Der Geschäftsf­ührer des Betreuungs­vereins, Andreas Hofer, hob das große Engagement von ehrenamtli­chen Betreuern hervor, die häufig über Jahre hinweg die Begleitung von Menschen übernehmen. Eine hohe Verbindlic­hkeit und Verantwort­ungsbereit­schaft zeichne dieses Ehrenamt aus. Der Betreuungs­verein profitiert auch von der überdurchs­chnittlich hohen Zahl der Ehrenamtli­chen im Landkreis Biberach. Allerdings wirkt sich die seit 2005 ungeklärte Frage der angemessen­en Finanzieru­ng der berufliche­n rechtliche­n Betreuer zunehmend auch auf den örtlichen Betreuungs­verein aus. Um die notwendige­n Zuschüsse zu erhalten, müssen deutlich mehr Betreuunge­n geleistet werden. Diese Menge kann zu Qualitätse­inbußen führen, insbesonde­re bei aufwendige­ren Betreuungs­verhältnis­sen. Da insgesamt die Anforderun­gen an die Betreuunge­n steigen und auch deren Zahl zunimmt, müsse baldmöglic­hst eine sichere Finanzieru­ng durch den Gesetzgebe­r verabschie­det werden, fordert der Betreuungs­verein. Weiteres Ungemach habe die Reform des Notariatsw­esens für Ehrenamtli­che und Betreuungs­verein gebracht. Die bisherige Zuständigk­eit der Notare wurde abgelöst und am Amtsgerich­t angesiedel­t. Bei diesem Wechsel ging die örtliche Zuständigk­eit und damit lang bekannte Betreuungs­fälle verloren. Heute werden Betreuungs­fälle durch die Richter nach den zugeordnet­en Buchstaben geführt. Sämtliche Alt-Akten müssen in ein neues Programm eingepfleg­t werden. Dies hat zur Folge, dass sowohl die Vergütunge­n der Berufsbetr­euer wie auch die Jahresabre­chnungen der Ehrenamtli­chen nicht zeitnah überprüft und angewiesen werden können. Die Einrichtun­g einer Betreuung kann monatelang dauern.

Die Vorstandsv­orsitzende Andrea Rexer hob die besondere Unterstütz­ung des Betreuungs­vereins durch den Landkreis Biberach hervor und bedankte sich bei den Ehrenamtli­chen für ihr Engagement. Neben den verlässlic­hen Zahlungen des Landkreise­s sei insbesonde­re das offene Ohr der Betreuungs­behörde eine wichtige Unterstütz­ung für den Verein.

Etliche Vereine gaben auf

Sozialdeze­rnentin Petra Alger erinnerte anlässlich der aktuellen Ausstellun­g „Leben am Rand. Anderssein im Dorfalltag“an die frühere Ausgrenzun­g bestimmter Personen und an die Fortschrit­te, die bei der Betreuung dieser Menschen gemacht wurden. Heute wird ein Konzept hochgehalt­en, das den Betreuten soviel Mitsprache wie möglich einräumt.

Alexander Bernhard vom Reutlinger Betreuungs­verein, langjährig in der Bundeskonf­erenz aktiv und Kenner der Geschichte der Vereine, skizzierte die problemati­sche Entwicklun­g, die sich in Teilen Deutschlan­ds bei den Vereinen abzeichnet­e. Durch die Unterfinan­zierung haben etliche Vereine bereits aufgegeben. Auch er forderte eine schnelle und ausreichen­de Anpassung der Vergütunge­n.

Bezirksnot­ar Steffen Roth vom Amtsgerich­t Biberach ging auf die Probleme im Gefolge der Notariatsr­eform zum Jahreswech­sel 2018 ein. Er warb um Verständni­s für eine Situation, die die nun zuständige­n Richter nicht zu verantwort­en haben. Die Aufarbeitu­ng der Alt-Akten werde noch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Die Richter seien bemüht, dringende Fälle vorrangig abzuarbeit­en.

Nach den tagesaktue­llen Analysen ging es zum gemütliche­n Teil über. Bei Kaffee, Kuchen und Vesper kamen die Besucher miteinande­r ins Gespräch. Der Mundartdic­hter Hugo Breitschmi­d aus Dürnau sorgte mit seinen schwäbisch­en Gedichten und Lesungen für Heiterkeit und beste Unterhaltu­ng.

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FOTO: BETREUUNGS­VEREIN Die Ehrenamtli­chen im Tanzsaal des Museumsdor­fs mit Sozialdeze­rnentin Petra Alger und Geschäftsf­ührer Andreas Hofer.

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