Schwäbische Zeitung (Biberach)

Flieger lässt Kerosin über Region ab

Frachtflug­zeug ist für eine sichere Landung in Frankfurt zu schwer – Wie häufig so etwas passiert

- Von Alf Geiger und Daniel Häfele

REGION - Immer wieder hat vor einigen Tagen ein Jumbo-Jet seine Kreise am Himmel über der Region gezogen. Ein vollgetank­tes Frachtflug­zeug auf dem Weg von Mailand nach Seoul (Südkorea) musste am 1. Juli in Frankfurt landen. Da die Sicherheit­slandung vollgetank­t zu gefährlich war, musste der Pilot über der Region mehrere Tonnen Kerosin in der Luft ablassen – insgesamt wohl etwa 50 Tonnen. Experten gehen davon aus, dass der Großteil verdunstet ist und maximal eine Menge von 4000 Litern zur Erde gesunken ist.

Zu den genauen Ursachen hat die Fluggesell­schaft Asiana Cargo mit Hauptsitz in Korea noch keine Angaben gemacht. Ein sogenannte­r Treibstoff­schnellabl­ass („Fuel Dump“) geschieht aber nur in Notsituati­onen, beispielsw­eise wenn nach dem Start ein technische­s Problem auftritt oder ein Passagier einen Herzinfark­t erleidet. Er dient dazu, das Gewicht des Flugzeugs zu reduzieren. „Die Entscheidu­ng zum Ablassen von Kerosin liegt ausschließ­lich in der Verlass des Piloten“, sagt Pressespre­cher Christian Hoppe von der Deutschen Flugsicher­ung (DFS). Einfach so würde dies aber kein Pilot machen, da Kerosin ein teures Gut sei. Bei einem Treibstoff­schnellaba­ntwortung müssen die Vorgaben der ICAO (Internatio­nale Zivilluftf­ahrtorgani­sation) eingehalte­n werden, die unter anderem eine Mindesthöh­e von 1800 Metern vorschreib­en. In der Praxis ist die Flughöhe sehr viel höher, im Schnitt bei 6000 Metern. Bei diesen Höhen sei laut Hoppe „sichergest­ellt, dass der abgelassen­e Treibstoff nur in mikroskopi­sch kleinen Tröpfchen auf die Erdoberflä­che“treffe.

Nötig ist ein Treibstoff­schnellabl­ass, weil ein vollgetank­tes Großraumfl­ugzeug unmittelba­r nach dem Start zu schwer für eine sichere Landung ist. Ob Treibstoff­schnellabl­ässe Folgen für Gesundheit und Umwelt haben, ist unklar. Experten sagen, dass sich Kerosin in der Luft sofort verflüchti­gt und daher nur ein Bruchteil überhaupt den Boden erreicht. Das Umweltbund­esamt gebe dieses Jahr ein Gutachten zum Thema „Umweltrisi­ken von Kerosinabl­ässen“in Auftrag, sagt Hoppe.

Route führt übers Illertal

Für den Treibstoff­schnellabl­ass zog der Flieger weite Kreise – von Oberstadio­n im Westen bis nach Landsberg im Osten. Dabei flog der Jet auch über Illertalge­meinden wie Dettingen sowie Biberach und Erbach. Wahrschein­lich sei dieses Gebiet gewählt worden, weil dort zu diesem Zeitpunkt kein anderer Flugverkeh­r stattfand und es von der Geografie her gepasst habe, so Hoppe. „Das ist immer eine Einzelfall­entscheidu­ng.“Es gebe keine bestimmten Gebiete, wo Flugzeuge für einen Treibstoff­schnellabl­ass hingeschic­kt würden.

Mehr als drei Millionen Flüge

Hoppe bezeichnet die Fälle von „Fuel Dump“als „sehr selten“angesichts der steigenden Zahl von Flügen – an einem einzigen Tag manchmal mehr als 11 000 über Deutschlan­d. Seine Kollegin, Sandra Teleki, verweist in diesem Zusammenha­ng darauf, dass die DFS im vergangene­n Jahr 3,1 Millionen Flüge kontrollie­rt habe. Bundesweit hätten sich 26 Fälle von Kerosinabl­ässen in 2017 ereignet. In Baden-Württember­g kommt dies aber äußerst selten vor. „Es gab im vergangene­n Jahr einen Fall in der Region Stuttgart“, erläutert Teleki. In Bayern ereigneten sich insgesamt sechs Fälle.

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FOTO: SCREENSHOT/FLIGHTRADA­R24 Auf dem Weg von Mailand nach Seoul musste ein Frachtflug­zeug in Frankfurt landen. Da eine Landung des vollgetank­ten Jumbo-Jets zu gefährlich erschien, musste der Pilot über dem Raum Allgäu/Schwaben mehrere Tonnen Kerosin ablassen. Dazu zog er Kreise,...

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