Schwäbische Zeitung (Biberach)
In der Schule spielt die Musik
Die Lust, ein Instrument zu lernen, geht flöten – Musiklotsen in Schemmerhofen wollen das ändern
SCHEMMERHOFEN - Für die meisten ist sie ein alltäglicher Begleiter. Und doch spielen viele Musik lieber ab, als sie selbst zu machen. Nur wenige nehmen sich die Zeit, ein Instrument zu lernen. An der Mühlbachschule in Schemmerhofen steuern vier junge Musiklotsen dagegen an und geben ihren Mitschülern Musikunterricht. Zur Vorbereitung haben sie einen Kompaktkurs beim Landesmusikverband Baden-Württemberg belegt.
Fünf Tage waren die Neuntklässler Liliana, Malik, Carina und Justin für den Vorbereitungskurs freigestellt. Dieser lief bereits im Februar. Wegen der Ferien, Klassenarbeiten und der Umsetzung an der Schule haben die Musiklotsen aber erst vor Kurzem ihr Projekt gestartet: Jetzt geben sie Zweitklässlern Mundharmonika-Unterricht.
„Das war für uns auch völlig neu. Wir haben erst in dem Vorbereitungskurs gelernt, Mundharmonika zu spielen“, erklärt Carina. Besonders schwer sei das Instrument aber nicht. Sie selbst spiele Saxofon, schnappe sich manchmal aber auch die Gitarre ihres Bruders. Auch die anderen Schüler können Instrumente spielen. Liliana spielt Klavier und singt im Chor. Malik hatte schon einige Jahre Saxofon-Unterricht. Das Zeitproblem kennt er nur zu gut: „Nach dreieinhalb Jahren habe ich aufgehört, weil es einfach nicht mehr gepasst hat.“Spaß mache ihm die Musik aber nach wie vor. Deswegen habe er auch entschieden, sich als Musiklotse zu engagieren.
Immer dienstags und mittwochs halten die Musiklotsen eine Schulstunde. In dieser Zeit müssen sie selbst nicht die Schulbank drücken. Nach den Ferien ticken die Uhren aber anders. „Wir wollen dann ein offenes Angebot in der Mittagspause schaffen“, erklärt Lehrerin Simone Stemmler. Mit Blick auf die Inhalte werde sie lediglich Impulse geben. Die Kursgestaltung liegt weitestgehend in den Händen der Musiklotsen. Die haben zwar noch kein Konzept, aber schon verschiedene Ideen: ein weiterer Mundharmonika-Kurs, Gesangsunterricht oder ein Projekt mit sogenannten Boomwhackers. Das sind Kunststoffröhren, die je nach Länge einen anderen Ton wiedergeben.
Erst die Technik, dann die Noten
Es koste viel Geduld, die Schüler zu unterrichten, sagt Liliana: „Die Kleinen verlieren schnell die Konzentration, da muss man immer wieder etwas Neues finden.“Wichtig sei es, klare Regeln aufzustellen, ergänzt Carina. „Immer nur einer redet und die anderen müssen zuhören.“Frontalunterricht gäben sie aber nicht: „Wir machen zwar etwas vor, setzen uns aber auch zu den Schülern und erklären es einzelnen noch mal“, sagt Liliana. Der Unterricht sei zudem weniger theoretisch: „Wir üben erst die Technik am Instrument. Noten erklären wir später.“
Aber auch sie selbst lerne etwas dazu, sagt Liliana. „Das ist eine gute Übung, mal vor einer Gruppe zu stehen.“Das sei hilfreich für bevorstehende Präsentationsprüfungen. Denn die Musiklotsen sind nach den Sommerferien in der Abschlussklasse und verlassen die Mühlbachschule im kommenden Jahr. „Es ist auch eine gute Möglichkeit, sich selbst weiterzubilden und neue Inhalte anzueignen“, ergänzt Lehrerin Simone Stemmler. Bei dem Projekt gehe es vor allem aber um den Nachwuchs: „Fast alle Musikvereine haben ja Probleme, neue Mitglieder zu gewinnen.“
Mehr als ein Hobby sei die Musik im Moment nicht, erklärt Liliana. Sie und auch die anderen Musiklotsen denken noch lange nicht ans Berufsleben. Nach ihrem Abschluss wollen sie mit der Schule weitermachen, einen Realschulabschluss oder das Abitur schaffen. Ihre Zeit als Musiklotse ist damit begrenzt. Das Projekt solle mit dem Abgang der Schüler aber nicht einschlafen, sagt Simone Stemmler. „Die Musiklotsen-Kurse werden jedes Jahr ausgeschrieben. Da werden wir dann durch die Klassen gehen und fragen, wer Lust hat.“