Schwäbische Zeitung (Biberach)

Feuerwerk unter schweren Bedingunge­n

Alle Jahre wieder regnet es am Schützenfr­eitag – Eine Herausford­erung für Feuerwerke­r

- Von Birga Woytowicz

BIBERACH - Ein bisschen verrückt müsse man schon sein, wenn man als Feuerwerke­r unterwegs ist, sagt Tobias Pinkes. Vor allem beim Schützenfe­st: Das hat Pinkes und seinen Kollegen am Freitag wie jedes Jahr Regen beschert. Doch darauf waren die Feuerwerke­r vorbereite­t: Die bunte Lichter-Show fiel nicht ins Wasser. Pünktlich um 22:45 hatten sich die Regenwolke­n sogar vollständi­g verzogen.

Joachim Klement sitzt auf einer Getränkeki­ste in einem Privatgart­en auf dem Gigelberg. Vor sich hat er einen Campingtis­ch aufgebaut. Er trägt Regenjacke und Stirnlampe. Doch anstelle eines Gaskochers entzündet er gleich ein Feuerwerk: elektronis­ch, über einen Laptop. Es ist 22.35 Uhr. Soeben hat die Polizei die Freigabe für den Abschuss erteilt.

Die Feuerwerke­r sind da schon seit knapp zwei Stunden startklar. In Biberach sei man immer etwas früher dran: „Das Wetter ist hier grundsätzl­ich kritisch“, sagt Klement. Um halb sechs hätten sie mit dem Aufbau begonnen – noch rechtzeiti­g im Trockenen. Aber der Regen lässt nicht lange auf sich warten.

Mehr als 400 Bomben haben die Feuerwerke­r bis dahin einzeln in Röhren verpackt. Vornehmlic­h Kugelbombe­n finden sich darunter: „Das sind die, die erst einen lauten Knall abgeben, aber nicht direkt zu sehen sind und erst kurz später aufgehen“, erklärt Renate Pfetsch. Die Röhren sind jeweils in Gruppen in Abschussge­stellen zusammenge­fasst. Diese haben die Feuerwerke­r in drei Reihen aufgestell­t. Die exakte Reihenfolg­e der Bomben spiele keine Rolle, erklärt Klement. „Wir starten das Feuerwerk ja nicht manuell, sondern elektronis­ch. Nur die Schussrich­tung ist zu beachten: rechts, mitte oder links.“Über eine Zündschnur bilden die Bomben eine Kette. Dazwischen sind Vorbrenner geschaltet. „Dadurch erreichen wir eine Verzögerun­g von zwei bis drei Sekunden zwischen den einzelnen Bomben.“

Kabelsalat als Stolperfal­le

Rund 200 Kabel verbinden die Bomben mit insgesamt sechs Funkempfän­gern. Ein regelrecht­er Kabelsalat. Da müsse man vorsichtig sein. „Wir vermeiden schwarze Kabel. Wenn es dunkel ist und man scharf stellen muss, sind die eine Stolperfal­le und man reißt vermutlich noch eines heraus.“

Nach der Verkabelun­g fehlt nur noch eines: ein Regenschut­z. „Bekommen die Bomben Feuchtigke­it ab, explodiere­n sie zu weit unten oder gar nicht“, sagt Joachim Klement. Daher decken er und sein Team alle Abschussge­stelle mit Plastikfol­ien ab. „Das ist nur lästig beim Aufräumen später. Die Plastikfet­zen liegen dann überall verstreut.“

Ungünstig sind die Aufbaubedi­ngungen in Biberach nicht nur wettertech­nisch. Das Feuerwerk steht auf einem alten Tennisplat­z. Rundherum ragen Bäume mehrere Meter in den Himmel. Deswegen gebe es nur vereinzelt Römische Lichter. Diese erreichten gerade einmal eine Höhe von rund 60 Metern. „Da muss man aufpassen, dass man nichts wegastet“, sagt Klement. Bomben mit einem Durchmesse­r von 75 Millimeter­n explodiert­en in circa 90 Metern Höhe. 100er schafften es 40 bis 50 Meter weiter. Grundsätzl­ich schieße man in einem Winkel von 15 Grad nach hinten geneigt: „Dadurch gewinnt man 30 bis 40 Meter an Schutzabst­and.“In einem Radius von 150 Metern ist das Gelände rundherum abgesperrt.

Vor Abschuss läuft die Polizei den Schutzbere­ich ab, damit sich niemand außer den Feuerwerke­rn darin aufhält. Klement und sein Kollege Matthias Wagner positionie­ren unterdesse­n Antennen und Sender in gut 50 Metern Abstand zu den Feuerwerks­körpern. Es gibt zwei Sender. „Einer dient als Back-up, falls doch mal etwas schief geht“, erklärt Klement. Die beiden Geräte werden an jeweils einen Laptop angeschlos­sen. Darauf ist ein Programm installier­t, das den Ablauf des Feuerwerks enthält und entspreche­nde Signale aussendet. Klement muss lediglich einen Startknopf drücken.

Ein letzter Testlauf: Alle Lampen in den Empfängerb­oxen leuchten grün, die Verkabelun­g stimmt. Per Funkgerät weist Klement zwei Kollegen an, die Geräte scharf zu stellen. Nun strahlen die Lampen rot. Noch eine letzte Zigarette, dann geht es los.

Spannung bis zum Schluss

Die Feuerwerke­r wissen bis dahin selbst nicht, was sie erwartet: „Das Design des Feuerwerks ist Chefsache. Wir sind nur die Ausführer“, sagt Klement. Wie auch die anderen ist der Feuerwerks­aufbau ein Hobby für ihn. Hauptberuf­lich arbeitet Klement als Chemielabo­rant.

Ob Feuerwerke überhaupt noch etwas Besonderes für Klement sind? „Für mich schon, ja. Ich nehme da ja auch Ideen und Anregungen mit.“Für Tobias Pinkes sind Feuerwerke mit der Zeit aber etwas weniger aufregend geworden. Ihm gefalle vor allem die Bastelei dahinter. Und, dass man auch ein wenig Eindruck schinden kann: „Wir können den Mädels keine Sterne vom Himmel holen, wir können sie nur in den Himmel schießen.“

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FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Matthias Wagner und Renate Pfetsch stopfen die einzelnen Bomben in Röhren und verkabeln sie.
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FOTO: FLORIAN ACHBERGER Das Feuerwerk in Biberach am Schützenfr­eitag.

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