Schwäbische Zeitung (Biberach)
Junge Musiker erzeugen eine subtile Klangschönheit
Das Alma-Mahler-Kammerorchester stellt sich zum ersten Mal in Ochsenhausen vor
OCHSENHAUSEN - Die künstlerische „Vision“der 20 Orchestermusiker ist es, das große sinfonische Repertoire des 19. und 20. Jahrhunderts neu zu entdecken. Das haben sie bei ihrem Auftritt in Ochsenhausen gekonnt umgesetzt.
Begonnen wurde mit einem wichtigen Vertreter einer neuen, im besten Sinne handwerklich betonten „Klassik“, mit Paul Hindemith und dessen Kammermusik Nr. 1 , Opus 24 von 1922. Die vier Sätze gehen stilistisch hart miteinander um. Ihr Charakter ist teils schrill motorisch, setzt aber auch teils zarte Kontrapunkte. Ungestüme Dissonanzen springen wie ein ungezähmter Wasserfall auseinander. Der zweite Satz öffnet ein Spieleland, fängt Heftiges wieder ein. Das Quartett sind Flöte, Fagott, Klarinette und ein sanftes Schlagwerk. Das Finale „1921“greift den „Wilm-Wilm-Foxtrott“von 1919 auf.
Klangfülle überwältigt
Über das „Siegfried-Idyll“von Richard Wagner schrieb sein späterer Schwiegervater Franz Liszt an den Komponisten: „Abermal ein Wunder! ein Wunder! liebster Richard. Dein Siegfried-Idyll ist die herzinnigste, idealste, bezaubernste Verherrlichung des Familien-Kultus.” Und die jungen Orchestermusiker setzten dieses hingerissene Urteil in überwältigender Fülle in klangliche Verzauberung um, ließen die Leitmotive wie die „Friedensmelodie”, das „Weltenhort-Motiv“, das „Thema des Liebesentschlusses“fein herausziseliert emporsteigen. Trotz des hohen Bekanntheitsgrades des Werkes erzeugt die Phantasie bei jedem Wiederhören vor allem im letzten Abschnitt aufs Neue eine alles überstrahlende flächige Ruhe.
Guillaume Connesson (1970) ist ein französischer Komponist, dessen „Techno Parade 2002“gespielt wurde. „Techno“wird als Oberbegriff für verschiedene, miteinander verwandte Stilrichtungen der elektronischen Tanzmusik verwendet. Komponiert für Flöte, Klarinette und Klavier besteht die „Technoparade“aus einem Satz mit einem kontinuierlichen Rhythmusschlag von Anfang bis Ende.
„La Mer“von Claude Debussy gilt als eines der wichtigsten impressionistischen Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts, das durch neuartige harmonische und instrumentale Effekte an die Farben und Klänge des Meeres erinnert. Der Komponist schildert das „Morgengauen bis Mittag auf dem Meer“mit klanglicher Weichzeichnerlinie. Das „Spiel der Wellen“lässt geheimnisvolle aber präzise Bilder entstehen. Den „Dialog zwischen Meer und Wind“schreibt er als „lebhaft und stürmisch“zu spielen vor, bleibt aber kompositorisch wohltuend gemäßigt, schildert hohen Wellengang und starken Wind, aber keineswegs Tsunami und Orkan.
Dirigent führt klar und gut
Der junge englische Dirigent Leo McFall, Träger des Deutschen Dirigentenpreises, hat das Orchester in seinem einjährigen Bestehen zu einem exzellenten Klangkörper erzogen. Seine Musiker nehmen seine Führung, seine Signale des Gestaltungswillens mit weit geöffneten akustischen und optischen Sinnen auf, setzen diese mit beeindruckend hohen individuellen instrumentalen Fähigkeiten in Klangschönheit um.