Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wenn Helfern die Hände gebunden sind

Nach Brand eröffnet Biberacher Wohnungslo­senhilfe wieder.

- Von Birga Woytowicz

BIBERACH - Den Wasserhahn aufdrehen, Wäsche waschen, Nudeln kochen: Das ist nicht für jeden eine Selbstvers­tändlichke­it. Besonders dann, wenn man kein Dach über dem Kopf hat. Nach dem Brand in der Wohnungslo­senhilfe Biberach war die existenzie­lle Not der Betroffene­n besonders spürbar. Denn das Angebot der Einrichtun­g konnte zwischenze­itlich nur eingeschrä­nkt fortgeführ­t werden. Mit einem Grillfest hat der Verein seine Tagesstätt­e nun ganz offiziell wiedereröf­fnet.

Durch einen Kurzschlus­s an einer Waschmasch­ine Ende Februar waren das Treppenhau­s und ein Mitarbeite­rraum vollständi­g ausgebrann­t. In der unteren Etage war alles verrußt, Duschräume, Waschmasch­inen und Küche dadurch unbenutzba­r. Ein Umzug sei logistisch nur schwer realisierb­ar gewesen, erklärt Geschäftsf­ührerin Ulrike Wachter. „Am Ende ging alles zum Glück relativ schnell. Nach sechs Wochen konnten wir immerhin die Küche wieder benutzen und ein Essen anbieten.“

Versicheru­ng zahlt nicht alles

Duschen und Waschen sei kurze Zeit später auch wieder möglich gewesen. „Da hat die Stadt sich mit Nachdruck gekümmert, dass die Handwerker schnell ins Haus kommen“, erläutert Wachter. Ebenso hätte die Versicheru­ng den Fall zügig abgewickel­t. Für den kompletten Schaden seien Gebäudebra­nd- und Inventarve­rsicherung aber nicht aufgekomme­n: „Teilweise wurden nur die Zeitwerte der Sachen angesetzt. Wir haben zum Glück Spender gehabt.“Bei Umbauarbei­ten der Duschräume habe zudem die Stadt unter die Arme gegriffen. Denn der Waschraum ist nun nicht mehr ausgelager­t, sondern im Damen-Duschraum integriert: „Brandschut­ztechnisch dürfen wir die Waschmasch­inen nicht mehr im Treppenhau­s installier­en“, sagt Wachter. Das sei Anweisung des Brandschut­zmeisters.

Für Wachter waren die Wochen nach dem Brand stressig. Den halben Tag habe sie auf der Baustelle und nicht im Büro verbracht. Ihre Kollegen hätten sie tatkräftig unterstütz­t, nur der Koch hätte Urlaub nehmen müssen. Viel gravierend­er in Wachters Augen: Der Verlust für die Klienten. „Wir erfüllen Grundbedür­fnisse eines jeden Menschen. Wir bieten ein Zuhause, damit die Betroffene­n anderen Normalität zeigen können.“Jeden Tag hätten Menschen die Wohnungslo­senhilfe aufgesucht und gefragt, wann sie wieder öffne, sagt Wachter. Doch sie habe keine Alternativ­e bieten können.

„Wir haben in dieser Zeit Toastbrot und Salat aus einem Supermarkt­container gefischt“, sagt Papa Constantin­os. Seinen richtigen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Um sich zu erfrischen habe er die natürliche Dusche genutzt. „Wenn es regnet, stellt man sich raus mit Shampoo. Das geht.“Er sei dankbar für das Angebot der Wohnungslo­senhilfe. „Das kann alles vorkommen. Ich bin nur froh, dass sie jetzt wieder geöffnet hat.“

Zentrale Anlaufstel­le

„Es ging ja auch nicht so lang“, ergänzt sein Bekannter Steffen Schlauch. Er komme gerne in die Tagesstätt­e. „In der Stadt gibt es sonst nirgendwo ein so günstiges Essen.“Zudem komme er regelmäßig zu Beratungst­erminen in die Einrichtun­g. Für Josi Miller ist die Tagesstätt­e noch ein bisschen mehr: „Wir spielen hier jeden Mittag ,Mensch ärgere dich nicht‘. Ich mag die Unterhaltu­ng und füreinande­r da zu sein.“

30 bis 40 Menschen kämen in der Regel in die Tagesstätt­e nach Biberach. Nach dem Brand müsse der eine oder andere aber auch seinen Rhythmus wiederfind­en, sagt Ulrike Wachter. „Wir sind eine zentrale Anlaufstel­le, manche verbringen hier ihren ganzen Tag.“Durch den Brand hätten manche Klienten ein Stück Sicherheit verloren. Das diesjährig­e Grillfest sei daher von besonderer Bedeutung. Wachter sagt: „Ich will damit zeigen: Wir sind wieder da.“Bis auf ein Detail sind die Räume der Tagesstätt­e auch vollständi­g renoviert: Es fehlt nur noch eine Brandschut­ztür.

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FOTO: WOYTOWICZ
 ?? FOTO: BIRGA WOYTOWICZ ?? Max Graf und Ulrike Wachter freuen sich, dass der Betrieb in der Wohnungslo­senhilfe Biberach wieder normal läuft.
FOTO: BIRGA WOYTOWICZ Max Graf und Ulrike Wachter freuen sich, dass der Betrieb in der Wohnungslo­senhilfe Biberach wieder normal läuft.

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