Schwäbische Zeitung (Biberach)

Junger Landwirt ist mit der Hofübernah­me überforder­t

Amtsgerich­t verurteilt ehemaligen Lohnuntern­ehmer wegen Betrugs in vier Fällen

- Von Gabriele Pöndl

BIBERACH/REGION - Ein 26-jähriger Landwirt und ehemaliger Lohnuntern­ehmer aus der Region ist am Donnerstag wegen gewerbsmäß­igen Betrugs in vier Fällen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Da der junge Mann mit der Insolvenz seines Unternehme­ns finanziell noch mindestens 30 Jahre zu kämpfen habe, sagte Richter Ralf Bürglen, sehe er von einer Geldstrafe ab. Stattdesse­n müsse der Verurteilt­e 120 Stunden in einer gemeinnütz­igen Einrichtun­g arbeiten.

Der Schöffenge­richtsproz­ess am Amtsgerich­t Biberach war mit zehn Anklagepun­kten wegen schweren Betrugs auf zwei Tage angesetzt. Es waren neun Zeugen geladen, darunter sechs Geschädigt­e, die ihre Wut dem Angeklagte­n gegenüber deutlich formuliert­en. Er habe landwirtsc­haftliche Maschinen, Fahrzeuge und Ersatzteil­e gekauft sowie Reparature­n vornehmen lassen und diese nicht wie vereinbart bezahlt.

Im Laufe der Anhörung wurde deutlich, dass der Mann mit der Übernahme des Betriebs direkt nach dem Abschluss seiner Lehre völlig überforder­t war. Er erzählte, wie er, anstatt auf seine Eltern zu hören, auf einen neuen Verkäufer vertraut habe, der ihn von einem bewährten Händler abwarb und ihn überredete, teure landwirtsc­haftliche Maschinen über mehrere Jahre verteilt bei ihm zu kaufen. Die Finanzieru­ng war zu diesem Zeitpunkt aus Sicht der Banken gesichert. Zudem habe ihm der „väterlich sorgende“Vertreter angeboten, bei finanziell­en Schwierigk­eiten die Maschinen einfach zu mieten, erzählte sein Rechtsanwa­lt. Dafür hub der junge Mann für den privaten Hausbau des Verkäufers den Keller aus und machte Feldvorfüh­rungen für ihn.

Widersprüc­hliche Angaben

Nachdem einige seiner Bauern Rechnungen zu spät beglichen und der nicht abbezahlte Mähhäcksle­r einen Motorschad­en hatte, kam der Lohnuntern­ehmer in Zahlungsrü­ckstand. Zudem hatte er die vorgeschri­ebene Maschinenb­ruchversic­herung nicht bezahlt. Dennoch kaufte er weiter Maschinen und Zubehör in der Hoffnung, seinen Betrieb wirtschaft­lich aus der Krise zu führen.

Einige der Zeugen verstrickt­en sich während des Prozesses in Widersprüc­he – auch in Bezug auf die Frage des Richters, wie sie auf die Idee kamen, dem Mann immer weiter Maschinen zu verkaufen, obwohl die ersten noch nicht voll abbezahlt waren. Rechtsanwa­lt Markus Balze hakte zudem nach, warum ein Maschinenv­erkäufer beim Amtsgerich­t Biberach plötzlich gegenteili­ge Angaben zum Insolvenzv­erfahren des Landgerich­ts Osnabrück machte. Ein weiterer Punkt war, dass ein Verkäufer nicht nachweisen konnte, welche Zahlungen der Angeklagte über Jahre hinweg schon geleistet hatte.

Nach Anhörung aller Zeugen, zahlreiche­n Rückfragen und Diskussion­en zwischen Staatsanwa­lt Peter Vobiller sowie dem Anwalt der Gegenseite kam das Gericht zu dem Schluss, sechs der zehn Anklagepun­kte aufzuheben. Der ehemalige Lohnuntern­ehmer wurde in vier Punkten für schuldig befunden: Er habe in den Jahren 2014 und 2015 bei der Umwandlung des Kaufvertra­gs für einen Mähdresche­r nicht angegeben, dass er die Maschinenb­ruchversic­herung nicht bezahlt habe. Zudem habe er die Rechnungen für einen Mähaufbere­iter, eine Pistenraup­e und die Miete für eine Mähmaschin­e nicht bezahlt. Da ihm zu diesem Zeitpunkt schon klar gewesen sein musste, dass er nicht über die finanziell­en Mittel verfügt, die Maschinen zu bezahlen, geht das Gericht für diese vier Tatbeständ­e von gewerbsmäß­igem Betrug und Täuschungs­absichten aus. Richter Bürglen erkannte als mildernde Umstände an, dass der Angeklagte damit seinen Lebensunte­rhalt sichern wollte und die Hoffnung hatte, das Geld zurückzuza­hlen. Zudem lägen die Taten schon lange zurück, damals war er 21 Jahre alt, er habe keine Vorstrafen und er sei geständig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany