Schwäbische Zeitung (Biberach)
Junger Landwirt ist mit der Hofübernahme überfordert
Amtsgericht verurteilt ehemaligen Lohnunternehmer wegen Betrugs in vier Fällen
BIBERACH/REGION - Ein 26-jähriger Landwirt und ehemaliger Lohnunternehmer aus der Region ist am Donnerstag wegen gewerbsmäßigen Betrugs in vier Fällen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Da der junge Mann mit der Insolvenz seines Unternehmens finanziell noch mindestens 30 Jahre zu kämpfen habe, sagte Richter Ralf Bürglen, sehe er von einer Geldstrafe ab. Stattdessen müsse der Verurteilte 120 Stunden in einer gemeinnützigen Einrichtung arbeiten.
Der Schöffengerichtsprozess am Amtsgericht Biberach war mit zehn Anklagepunkten wegen schweren Betrugs auf zwei Tage angesetzt. Es waren neun Zeugen geladen, darunter sechs Geschädigte, die ihre Wut dem Angeklagten gegenüber deutlich formulierten. Er habe landwirtschaftliche Maschinen, Fahrzeuge und Ersatzteile gekauft sowie Reparaturen vornehmen lassen und diese nicht wie vereinbart bezahlt.
Im Laufe der Anhörung wurde deutlich, dass der Mann mit der Übernahme des Betriebs direkt nach dem Abschluss seiner Lehre völlig überfordert war. Er erzählte, wie er, anstatt auf seine Eltern zu hören, auf einen neuen Verkäufer vertraut habe, der ihn von einem bewährten Händler abwarb und ihn überredete, teure landwirtschaftliche Maschinen über mehrere Jahre verteilt bei ihm zu kaufen. Die Finanzierung war zu diesem Zeitpunkt aus Sicht der Banken gesichert. Zudem habe ihm der „väterlich sorgende“Vertreter angeboten, bei finanziellen Schwierigkeiten die Maschinen einfach zu mieten, erzählte sein Rechtsanwalt. Dafür hub der junge Mann für den privaten Hausbau des Verkäufers den Keller aus und machte Feldvorführungen für ihn.
Widersprüchliche Angaben
Nachdem einige seiner Bauern Rechnungen zu spät beglichen und der nicht abbezahlte Mähhäcksler einen Motorschaden hatte, kam der Lohnunternehmer in Zahlungsrückstand. Zudem hatte er die vorgeschriebene Maschinenbruchversicherung nicht bezahlt. Dennoch kaufte er weiter Maschinen und Zubehör in der Hoffnung, seinen Betrieb wirtschaftlich aus der Krise zu führen.
Einige der Zeugen verstrickten sich während des Prozesses in Widersprüche – auch in Bezug auf die Frage des Richters, wie sie auf die Idee kamen, dem Mann immer weiter Maschinen zu verkaufen, obwohl die ersten noch nicht voll abbezahlt waren. Rechtsanwalt Markus Balze hakte zudem nach, warum ein Maschinenverkäufer beim Amtsgericht Biberach plötzlich gegenteilige Angaben zum Insolvenzverfahren des Landgerichts Osnabrück machte. Ein weiterer Punkt war, dass ein Verkäufer nicht nachweisen konnte, welche Zahlungen der Angeklagte über Jahre hinweg schon geleistet hatte.
Nach Anhörung aller Zeugen, zahlreichen Rückfragen und Diskussionen zwischen Staatsanwalt Peter Vobiller sowie dem Anwalt der Gegenseite kam das Gericht zu dem Schluss, sechs der zehn Anklagepunkte aufzuheben. Der ehemalige Lohnunternehmer wurde in vier Punkten für schuldig befunden: Er habe in den Jahren 2014 und 2015 bei der Umwandlung des Kaufvertrags für einen Mähdrescher nicht angegeben, dass er die Maschinenbruchversicherung nicht bezahlt habe. Zudem habe er die Rechnungen für einen Mähaufbereiter, eine Pistenraupe und die Miete für eine Mähmaschine nicht bezahlt. Da ihm zu diesem Zeitpunkt schon klar gewesen sein musste, dass er nicht über die finanziellen Mittel verfügt, die Maschinen zu bezahlen, geht das Gericht für diese vier Tatbestände von gewerbsmäßigem Betrug und Täuschungsabsichten aus. Richter Bürglen erkannte als mildernde Umstände an, dass der Angeklagte damit seinen Lebensunterhalt sichern wollte und die Hoffnung hatte, das Geld zurückzuzahlen. Zudem lägen die Taten schon lange zurück, damals war er 21 Jahre alt, er habe keine Vorstrafen und er sei geständig.