Schwäbische Zeitung (Biberach)
Verbal abrüsten
Zu „Verfassungsrichter Voßkuhle tadelt Sprache im Asylstreit“(27.7.): Jüngst beklagen Politiker, Journalisten und jetzt auch ein Verfassungsrichter eine Verrohung der Sprache in der Politik. Leider ist dies nicht nur eine Frage der Gegenwart, sondern dieser Missstand hält schon lange an. Kritik erhebt sich erst jetzt im Zusammenhang mit der die deutsche Gesellschaft und Europa spaltenden Migrationspolitik. Als die Grünen das Betreuungsgeld als „Herdprämie“verunglimpften und damit große Teile der Bevölkerung ob ihres Erziehungsstils (Kindererziehung in der Familie anstatt in der Kita) diffamierten, war das genauso zu verurteilen, wie die Titulierung Andersdenkender als „Pack“durch Sigmar Gabriel (SPD). Von guter Kinderstube zeugte auch nicht Andrea Nahles‘ Satz am Abend der Bundestagswahl 2017, gemünzt auf CDU/CSU: „Ab morgen kriegen sie eine in die Fresse.“Für den 2008 auf Vorschlag der SPD zum Verfassungsrichter gewählten Andreas Voßkuhle hätte also schon früher Gelegenheit bestanden, die Sprache von Politikern zu tadeln. Dasselbe gilt auch für die jüngst durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gerügte Sprache im Asylstreit.
Kritik ist nicht sehr glaubwürdig, wenn der Andersdenkende einer rohen Sprache bezichtigt wird, man für die eigene Seite aber entschuldigend in Anspruch nimmt, die ungehobelte Sprache sei ein legitimes Element der Zuspitzung in der politischen Auseinandersetzung. Eine Abrüstung der Worte täte allen Seiten gut.
Anton Blank, Erolzheim Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir freuen uns über Ihre Briefe. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass wir für die Veröffentlichung eine Auswahl treffen und uns auch Kürzungen vorbehalten müssen. Leserzuschriften stellen keine redaktionellen Beiträge dar. Anonyme Zuschriften können wir nicht veröffentlichen. Schwäbische Zeitung Karlstraße 16
88212 Ravensburg Fax-Nr. 0751 / 295599-1499 Leserbriefe@schwaebische-zeitung.de Ihre Redaktion