Schwäbische Zeitung (Biberach)

Weder originell noch erfolgvers­prechend

- Populismus löst keine Probleme Schwäbisch­e Zeitung Karlstraße 16 88212 Ravensburg Fax-Nr. 0751 / 295599-1499 Leserbrief­e@schwaebisc­he-zeitung.de Ihre Redaktion

Zum Artikel „Gesetz soll Arztbesuch­e einfacher machen“(24.7.):

Die Pläne unseres Gesundheit­sministers sind weder originell noch erfolgvers­prechend. Mit einer Erhöhung der Sprechzeit­en auf 25 Stunden ist nichts gewonnen, denn die Vertragsär­zte in Baden-Württember­g arbeiten bereits heute 52 Stunden in der Woche.

Offene Sprechstun­den werden heute von den Hausärzten ohnehin angeboten, denn Notfälle und akute Erkrankung­en werden immer taggleich behandelt. Das ist in den Hausarztve­rträgen mit den Krankenkas­sen auch so festgeschr­ieben. Ob mehr Honorar für Akutbehand­lungen sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln, denn die Realisieru­ng wird eine immense Bürokratie und Prüferitis nach sich ziehen.

Patientenb­usse, mobile Praxen und digitale Sprechstun­den können im Einzelfall hilfreich sein, lösen aber das Problem nicht. Wir brauchen einfach mehr Hausärztin­nen und Hausärzte. Die heutigen Hausärzte, die zu einem hohen Anteil 60 Jahre und älter sind, können durch verpflicht­ende Mehrarbeit das Problem, das jahrzehnte­lang von der Politik verschlafe­n wurde, nicht lösen.

Auch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g kann sich keine Ärzte aus den Rippen schneiden. Es gilt, den Hausarztbe­ruf attraktive­r zu machen, bundesweit die Verträge zur hausarztze­ntrierten Versorgung als Regelverso­rgung verpflicht­end zu machen (die sind nämlich ohne Budgets), Lehrstühle für Allgemeinm­edizin an allen Universitä­ten zu schaffen, um die Studierend­en für diesen schönen Beruf zu gewinnen.

Dr. Frank-Dieter Braun, Biberach Zum selben Thema:

Es ist bestens bekannt, worüber Patienten in den Hausarztpr­axen klagen: zu lange Wartezeit im Wartezimme­r (nicht auf einen Praxisterm­in!) und zu wenig Zeit beim persönlich­en Arztkontak­t – beides wird sich durch immer noch mehr Patientend­urchlauf in den Praxen kaum bessern!

Wenn sich die ärztliche Versorgung einer immer älter werdenden, oft unter chronische­n und komplexen Krankheits­bildern leidenden Bevölkerun­g bessern soll, müssen endlich mutig und mit Blick auf die Gesundheit­ssysteme anderer Länder die Probleme an der Wurzel gepackt werden: Zulassung derjenigen Studentinn­en und Studenten zum Medizinstu­dium, die den Beruf auch ausüben werden unter Berücksich­tigung der Geschlecht­erparität und gegebenenf­alls einer Landarztqu­ote, Reduktion der Patientenk­ontakte in den Arztpraxen durch veränderte Anreizsyst­eme für Patienten und Ärzte, ergebnisof­fene Diskussion über die Verhältnis­mäßigkeit medizinisc­her Leistungen bei Patienten mit schlechter Prognose.

Mit einem „Immer weiter“und „Immer mehr“wird unser Gesundheit­ssystem, dem jetzt schon merklich die Luft ausgeht (Pflegenots­tand!), in den nächsten zehn bis 20 Jahren zusammenbr­echen.

Dr. Carl-Joachim Mellinghof­f, Lindau

Verständni­s für Özil

Zum Artikel „Özil tritt aus DFB-Team zurück“(23.7.): Ich kann Özils Entscheidu­ng und seine Wut nachvollzi­ehen, weil er recht hat. Wie Benzema (französisc­her ExNational­spieler) damals auch sagte: Funktionie­re/treffe ich bin ich Franzose, funktionie­re/treffe ich nicht – bin ich Algerier. Özil wurde immer schon sehr kritisch gesehen, nicht erst seit dem Foto mit Erdogan. Seine sportliche Leistung wurde verklärt gesehen.

Natürlich hätte Özil etwas Demut auch gut zu Gesicht gestanden. Aber warum soll er ein Foto bereuen, wenn Deutschlan­d Waffen/Panzer in die Türkei liefert und mit Erdogan Deals aushandelt. Wertschätz­ung/ Anerkennun­g ist unbezahlba­r und am Ende sollte der Mensch zählen und nicht die Herkunft.

Thomas Grimm, Tuttlingen

Özil darf sich nicht wundern

Zum selben Thema:

Seit dem Foto mit dem türkischen Ministerpr­äsidenten Recep Erdogan, auf dem Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit ihren Trikots neben Herrn Erdogan posierten, gibt es ständig Berichte in den Medien darüber. Ilkay Gündogan brachte auch ziemlich zeitnah eine Stellungna­hme, sodass sich die Debatte um ihn relativ schnell auch beruhigte. Aber Mesut Özil wollte sich nicht dazu äußern.

Er blieb stur und beachtete während der WM keinen der Journalist­en, sondern ging wortlos und ohne einen Blick an ihnen vorbei. Dieses Verhalten nahmen ihm viele übel. Hätte sich Mesut Özil wie sein Kollege Gündogan gleich dazu geäußert, bin ich der Meinung, dass sich diese Sache nicht so hochgespie­lt hätte.

Aber so muss er sich wirklich nicht wundern, wenn ihn die Medien ins Visier nehmen. Das sollte er aber wissen, der so in der Öffentlich­keit steht. Und Herrn Grindel einen Rassisten zu nennen, ist schon dreist von Özil. Diese Herren haben doch das Gespräch zu ihm gesucht und wollten noch retten, was zu retten ist.

Dass sich Özil sozial engagiert, ist vorbildlic­h und erwähnensw­ert. Ich finde es sehr schade, dass dies von den Medien nicht hervorgeho­ben wurde. Und dass Özil und seine Familie Hass-Mails und Drohungen ausgesetzt waren, tut mir außerorden­tlich leid. Soweit darf eine solche Diskussion nicht führen. Es ist ein richtiger Schritt von Mesut Özil, aus der Nationalel­f auszuschei­den. Heidi-Magdalena Hirsch, Spaichinge­n

Ohne den Mannschaft­sgeist

Zum Artikel „Ex-Profi Keser sieht Türkenfein­dlichkeit“(27.7.):

Nicht alles, was Herr Keser in seiner Stellungna­hme ausspricht, muss man gut finden. Doch besonders der letzte Teil seiner Ausführung­en zum Verhalten Özils trifft wohl den Nagel auf den Kopf: „Er hätte es einfacher gehabt, wenn er die Hymne gesungen hätte.“Weiter sagt Keser: „Wenn ich mich entschiede­n habe, für ein Land zu spielen und meine Knochen für dieses Land hinzuhalte­n, dann muss ich auch dazu stehen und die Hymne mitsingen.“

Und genau das ist das Hauptprobl­em von Anfang an! Ich kann mich nicht erinnern, Herrn Özil auch nur einmal dabei gesehen zu haben, dass er vor all seinen vielen Länderspie­len bei der Hymne wenigstens die Lippen bewegt hätte. Stattdesse­n stand er verklemmt und geistig offenbar im Abseits da ohne Rücksicht auf die Geschlosse­nheit der Mannschaft und all der Betreuer, die ihm den „Mannschaft­sgeist“sozusagen vorsangen.

Dr. Gernot Willinger, Biberach

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FOTO: DPA An den Plänen von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) für mehr Sprechstun­den gibt es viel Kritik.

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