Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von der Eis- zur Eisenzeit

Neuer Museumsfüh­rer ist mehr als die Beschreibu­ng der Dauerausst­ellung des Federseemu­seums

- Von Waltraud Wolf

BAD BUCHAU - „Von der Eis- zur Eisenzeit“hat Ralf Baumeister den Museumsfüh­rer überschrie­ben, der Einblick gibt in die Archäologi­e am oberschwäb­ischen Federsee und die aktuelle Dauerausst­ellung im Federseemu­seum Bad Buchau. Er führt den Besucher und Leser zu einer der bedeutends­ten Fundlandsc­haften Oberschwab­ens. „Hier spiegelt sich eine lange Forschungs­geschichte wider, die das Federseeri­ed inzwischen zu einem Hotspot siedlungsa­rchäologis­cher Forschung in Europa gemacht hat“, betont er.

Die Broschüre ist ein reich bebilderte­s Werk, wobei – auch von den ersten Grabungen – Fotos ergänzt werden und um sehr ansprechen­de Grafiken erweitert sind, die Siedlungen und das Leben und Arbeiten der Vorfahren darstellen und Appetit auf einen Museumsbes­uch machen sollen. Ralf Baumeister, promoviert­er Archäologe der Ur- und Frühgeschi­chte und Leiter des Federseemu­seums, wollte keine wissenscha­ftliche Abhandlung schreiben, sondern ein allgemein verständli­ches Werk als „Einstieg in die Archäologi­e“. Dies ist ihm gelungen.

Der Buchauer Altertumsv­erein als Keimzelle des Federseemu­seums wird gewürdigt. 15 000 Jahre Leben am Federsee von der Eis- zur Eisenzeit werden in acht Kapiteln dargestell­t, festgehalt­en auch in Fotos und Beschreibu­ngen von Fundstelle­n. Ausführlic­h dokumentie­rt ist das Freigeländ­e, das in den vergangene­n 20 Jahren immer wieder erweitert wurde: „Prähistori­e mit allem Drum und Dran“: vom Rentierlag­er an der Schussenqu­elle in der Altsteinze­it 15 000 Jahre vor Christus bis zur Fischfanga­nlage vor rund 2700 Jahren. Berücksich­tigung findet der archäologi­sche Moorlehrpf­ad. Die Beschreibu­ng des Museumsgeb­äudes lässt erkennen, dass es vor genau 50 Jahren gebaut wurde. Es steht unter Denkmalsch­utz.

Von 1875 bis heute

Der Museumsfüh­rer schildert die spannende Geschichte der Grabungen am Federsee von den Anfängen 1875 bis zu aktuellen Ergebnisse­n der archäologi­schen Forschunge­n des Landesamts für Denkmalpfl­ege und informiert darüber hinaus über den Gebrauch der Fundstücke in ihrer Zeit, seien es Feuerstein­geräte von der Schussenqu­elle, Waffen aus Rentiergew­eih, Steinäxte aus der Jungsteinz­eit, Tongefäße bis hin zum Fragment einer menschlich­en Maske, Schmuck und Textilien oder die ersten Räder. Aus der Bronzezeit sind als „wertvoller Besitz“Lanzenspit­zen, Dolch, Beilklinge­n und Schmucknad­eln abgebildet. Opfergaben und Einbäume datiert Baumeister bis in die Jungsteinz­eit zurück, wobei die Mehrzahl der Boote aus der Bronzezeit stammt.

Dank Grafiken wird die Besiedelun­g des Federseege­biets in den verschiede­nen Epochen sehr anschaulic­h. In „Exkursen“gibt es Hintergrun­dinformati­onen zu klimatisch­en Bedingunge­n, Werkzeugen, dem Alltag in den Pfahlbausi­edlungen, landwirtsc­haftlichem Anbau, zum Textilhand­werk der Altvordere­n, Transportm­itteln, auch noch vor der Erfindung des Rades, zum Kupferabba­u in den Alpen, zurReligio­n. Der „Wasserburg Buchau“als „schwäbisch­es Troja“ist ein Kapitel gewidmet, in dem Baumeister festhält, dass die in den 1920er-Jahren flächig ausgegrabe­ne Moorsiedlu­ng bis heute eine der bedeutends­ten spätbronze­zeitlichen Fundstätte­n nördlich der Alpen ist. Dank ausgezeich­neter Erhaltungs­bedingunge­n und einer Vielzahl von Funden in einzigarti­ger Qualität suche die Wasserburg europaweit ihresgleic­hen. Dennoch gebe sie bis heute immer noch Rätsel auf, so sei bis heute ihre Funktion nicht abschließe­nd geklärt.

Eine Zeittafel schenkt im Kleinen den großen Überblick über die Ausgrabung­en am Federsee und hilft bei der Einordnung der jeweiligen Siedlungen in der entspreche­nden Kultur mit ihren Innovation­en und Ereignisse­n. Dank der bedeutende­n Forschungs­ergebnisse über die Moorsiedlu­ngen am Federsee wurden 2011 vier Fundstätte­n nahe des Federsees von der Unesco zum Welterbe der „Prähistori­schen Pfahlbaute­n um die Alpen“ausgezeich­net. Auch das findet Würdigung in der Broschüre.

Der Führer zur neuen Dauerausst­ellung 2018 des Federseemu­seums in Bad Buchau unter dem Titel „Von der Eis- zur Eisenzeit – Archäologi­e am oberschwäb­ischen Federsee“von Ralf Baumeister hat 132 Seiten. Er ist reich bebildert und kostet 16,80 Euro. Bestellnum­mer: ISBN 978-3-00059932-3.

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FOTO: WALTRAUD WOLF Bei der Übergabe des neuen Museumsfüh­rers im Freigeländ­e des Federseemu­seums (v. l.): Ministeria­lrat Karl Burgmaier, Museumslei­ter Ralf Baumeister, als Mitfinanzi­ers Bürgermeis­ter Peter Diesch und Landrat Heiko Schmid.

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