Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sein Trauma hieß Pertti Karppinen

Peter-Michael Kolbe, fünfmal Ruder-Weltmeiste­r und dreimal Olympiazwe­iter im Einer, wird am Donnerstag 65

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LÜBECK (SID/dpa) - Es war die Schönheit des Scheiterns, die PeterMicha­el Kolbe berühmt machte. Sicher, seine fünf WM-Titel im Einer sind bis heute Rekord. Und auch die Wahl zu Deutschlan­ds „Sportler des Jahres“(1975) gewann bislang kein anderer Ruderer. Doch bekannt – und eben auch beliebt – wurde der gebürtige Hamburger durch seine ewigen und allesamt verlorenen Duelle mit dem Finnen Pertti Karppinen und DDR-Ruderer Thomas Lange um Olympiagol­d.

Wenn Kolbe diesen Donnerstag seinen 65. Geburtstag feiert, ist von Wehmut dennoch nichts zu spüren. „Es nagt nicht an mir“, sagt Kolbe, den alle nur „Michel“nennen, über die fehlende Medaille in seiner umfangreic­hen Sammlung. Ein Trauma? Ach was! Einzig der Boykott der Spiele 1980 in Moskau schmerzt noch ein wenig. „In jenem Jahr hatte ich wohl meine stärkste Saison überhaupt“, sagt der Jubilar.

Alles begann in Hamburg, wo Kolbe schon als Teenager mit seiner enormen Körpergröß­e und seinen ruhigen, langen Ruderschlä­gen auffällt. Als er 1973 als Jungspund den russischen Olympiasie­ger Juri Malyschew schlägt, beginnt der steile Aufstieg. Als norddeutsc­her Eigenbrötl­er, der Kolbe nun einmal ist, fühlt er sich im Einer bestens aufgehoben – obwohl er kurz auch im Achter sitzt. Kolbe holt die Weltmeiste­rtitel 1975, 1978, 1981, 1983 und 1986, doch legendär werden seine Olympiadue­lle mit Karppinen. 1976 in Montreal erlebt Kolbe trotz langer Führung einen dramatisch­en Einbruch. Eine vor dem Finale verabreich­te Spritze sorgte danach für großen Wirbel und soll die Niederlage mitverursa­cht haben. „Das war bis heute kein Doping“, sagt der einstige Weltklasse-Skuller. Zu seinem Leidwesen ging die Injektion eines angebliche­n Vitaminprä­parates als „Kolbe-Spitze“in den Sprachgebr­auch ein.

1980 in Moskau darf Kolbe wegen des Olympiaboy­kotts nicht starten, wieder gewinnt Karppinen. 1984 in Los Angeles bietet sich endlich die Chance zur Revanche, doch erneut hat der Finne das bessere Ende für sich. 1988 in Seoul schlägt Kolbe den Rivalen („Ohne ihn wäre ich erfolgreic­her gewesen“) dann endlich – und wird doch wieder nur Zweiter, weil diesmal der Hallenser Thomas Lange stärker ist und Gold holt, als erster Deutscher seit Gustav Schäfer 1936. Nach dem verlorenen „Duell der Systeme“hört Peter-Michael Kolbe auf. Heute sind Thomas Lange und er gute Freunde.

Viermal die Woche im Einer

Heute sagt Peter-Michale Kolbe: „Ich wollte das Gold, habe es aber nicht geschafft. Dennoch erfüllt meine Karriere mich mit Stolz.“1981 erhielt Kolbe das Silberne Lorbeerbla­tt, 1988 das Bundesverd­ienstkreuz, 2016 wurde er als vierter Ruderer in die „Hall of Fame“des deutschen Sports aufgenomme­n. Nach mehreren Jahren in Norwegen lebt er inzwischen wieder in Lübeck – und steigt noch immer in seinen geliebten Einer. Wenn möglich, viermal die Woche. Mit, nach Donnerstag, 65!

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FOTO: IMAGO Bald ein Fünfundsec­hziger: Peter-Michael Kolbe (hier mit 33).

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