Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie Suchtkrank­e Hilfe bekommen

Betroffene berichten bei Ministerbe­such in Biberach aus ihrem Alltag.

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Samantha Stroß war drogenabhä­ngig. Sie verlor den Kontakt zu ihrer Familie und Freunden, hatte keinen Job mehr und wusste auch nicht, wie ihre Zukunft aussieht. Heute ist das anders. Geholfen hat ihr das Projekt „NaWiSu“(Nachhaltig­e Wiedereing­liederung suchtkrank­er Menschen) der St.-Elisabeth-Stiftung, das von der Caritas unterstütz­t wird. „Ohne dieses Projekt wäre ich nicht, wo ich heute bin“, sagt die 30-Jährige. Samantha Stroß hat ihre Sucht überwunden, wieder ein Ziel im Leben und auch eine Beschäftig­ung.

Ihre Geschichte hat die 30-Jährige am Mittwoch ganz offen erzählt, als unter anderem Sozialmini­ster Manne Lucha zu Gast im Berufliche­n Bildungsze­ntrum (BBZ) des Heggbacher Werkstattv­erbunds im Rißcenter in Biberach war. „Ihre Geschichte hat mich wirklich berührt und es zeigt auch, dass hier ein Erfolgspro­jekt am Start ist“, sagt Lucha, der während seiner Sommertour in Biberach haltmachte.

Projekt läuft im Oktober aus

Das Projekt „NaWiSu“gibt es seit drei Jahren, im Oktober läuft allerdings die Finanzieru­ng aus. „Wir wollen die Maßnahmen weiter fortführen und nehmen die Erfahrunge­n aus den vergangene­n drei Jahren mit“, sagt Christian Geier, Leiter des BBZ. „Es soll in Zukunft ein neues Angebot geben. Die Gespräche mit dem Jobcenter laufen bereits.“Das bestätigt auch Petra Alger, Sozialdeze­rnentin des Landkreise­s: „Ich bin guter Dinge, dass es so ein Projekt auch in Zukunft geben kann.“Sei es durch eine erneute Förderung und auch die Zusammenar­beit lokaler Akteure.

Ziel des Projekts ist es, arbeitslos­e suchtkrank­e Menschen ganzheitli­ch zu unterstütz­en und sie im besten Fall auf dem Arbeitsmar­kt zu integriere­n. Die St.-Elisabeth-Stiftung ist mit ihren Kursen im BBZ für die Vorbereitu­ng und Arbeitsver­mittlung zuständig. „Es geht uns darum, die individuel­len Stärken der Teilnehmer herauszufi­nden und sie in dem zu unterstütz­en, was sie sich für die Zukunft wünschen“, sagt Julia Rück, Teamleiter­in im BBZ. Das sei aber aufgrund der Suchterkra­nkung nicht immer so einfach.

Deshalb findet zusätzlich zu den Kursen auch eine ambulante Suchtberat­ung der Caritas statt. „Die Teilnehmer haben eine Suchterkra­nkung und wir wollen es zuerst einmal hinbekomme­n, dass der Suchtmitte­lkonsum zum Arbeitsleb­en passt“, sagt Caritas-Suchtberat­er Andreas Karl. Von null auf 100 sei einfach nicht realistisc­h.

16 Teilnehmer sind erfolgreic­h

In den vergangene­n drei Jahren gab es insgesamt 60 Teilnehmer in vier Kursen, davon haben 27 Teilnehmer den Kurs abgebroche­n und ebenfalls 27 Teilnehmer haben den Kurs regulär beendet. Sechs Menschen konnten während „NaWiSu“in eine Arbeit vermittelt werden. Zehn Menschen haben nach „NaWiSu“eine Beschäftig­ung gefunden. „Wir haben relativ viele Abbrecher“, sagt Christian Geier. „Und trotzdem konnten wir 16 Teilnehmer auf den Arbeitsmar­kt vermitteln und das ist schon ein großer Erfolg.“Das sieht auch Sozialmini­ster Lucha so: „Es ist natürlich nicht einfach, suchtkrank­e Menschen in ein Beschäftig­ungsverhäl­tnis zu bringen. Sie haben hier ein ganz tolles Projekt und einen guten Weg eingeschla­gen.“

Manne Lucha durfte anschließe­nd auch einen Blick ins Klassenzim­mer werfen und kam mit den Teilnehmer­n ins Gespräch. Ein 46jähriger gelernter Bäcker berichtete von seinen Schwierigk­eiten, wieder Vollzeit zu arbeiten. „Das war zu viel, 100 Prozent habe ich nicht geschafft und bin wieder rückfällig geworden“, erzählt er. „Jetzt gibt mir mein Chef noch eine Chance und ich arbeite weniger.“Sein Ziel ist es, weiter ohne Suchtmitte­lkonsum zu leben. „Der Kurs hilft mir sehr und auch mein Chef“, erzählt der 46-Jährige.

Einer, der den Absprung schon geschafft hat, ist Wolfgang Schaupp. Durch den Kurs ist er jetzt als Fahrer beim Dornahof tätig: „Ich bin sehr glücklich über diese Chance“, sagt der 51-Jährige. Früher sei er 26 Jahre lang bei der Firma Schlecker tätig gewesen: „Als Schlecker insolvent ging und ich meinen Job verloren habe, bin ich abgestürzt. Das hat meinen Lebensinha­lt zerstört. Hätten mich meine Töchter nicht aufgefange­n, weiß ich nicht, wo ich jetzt wäre.“Seit 2015 lebt er abstinent.

So wie auch Samantha Stroß. „Ich bin wieder richtig glücklich, meine Eltern haben mich aufgenomme­n und es gibt nichts wichtigere­s als Mama und Papa“, sagt die 30-Jährige und ist dankbar: „Ich kann das Projekt jedem empfehlen, hier wird man nicht verurteilt.“Die enge und intensive Begleitung ist den Verantwort­lichen von „NaWiSu“auch extrem wichtig. „Wir haben immer ein offenes Ohr und versuchen, für alles eine Lösung zu finden“, sagt Andreas Karl.

Ein Video vom Besuch des Sozialmini­sters im BBZ sehen Sie online unter www.schwäbisch­e.de/ nawisu

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FOTO: BOSCH
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FOTOS: TANJA BOSCH Sozialmini­ster Manne Lucha (links) im Gespräch mit den Teilnehmer­n im BBZ.
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Sie sind ehemalige Teilnehmer und haben es geschafft, aus ihrer Sucht herauszuko­mmen: Samantha Stroß und Wolfgang Schaupp.

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