Schwäbische Zeitung (Biberach)

Laura Siegemunds langer Weg zurück

Tennis, Knoll Open: 14 Monate nach Kreuzbandr­iss heißt es für die 30-Jährige „Schritt für Schritt“

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - Der Weg zurück ist lang, steinig und verbunden mit viel Arbeit. Manchmal führt er über Umwege. Das ist auch im Leben Laura Siegemunds so. Am 24. Mai 2017, nur wenige Wochen nachdem die heute 30-Jährige mit dem Finalsieg beim Porsche-Tennis-Grand-Prix den größten Triumph ihrer Karriere gefeiert hatte, zog sie sich im Viertelfin­ale des WTA-Turniers in Nürnberg einen Kreuzbandr­iss zu, der ihre Karriere jäh unterbrach. Jetzt, etwas mehr als 14 Monate später, kämpft sie auch bei den Knoll Open in Bad Saulgau immer noch um ihren alten Status. Für eine, die von sich selbst sagt „Geduld ist nicht meine Stärke“ist das sicher nicht leicht.

Aber: „Man lernt geduldig zu sein“, räumt sie mit einem offenen, ehrlichen Lächeln ein. Früher sei sie oft hektisch geworden, wenn etwas nicht klappte. Sie habe gelernt „Step by Step – Schritt für Schritt“zu denken, nichts zu überstürze­n, sich die Zeit zu geben. „Ich habe sehr viele Sachen gemacht, die nichts mit Tennis zu tun hatten. Viel Zeit mit Freunden und Familie verbracht. Ich merke jetzt wieder, wenn ich auf der Tour bin, dass ich viel zu wenig dazu komme“, sagt Siegemund über die Zeit unmittelba­r nach der Verletzung, als sie kein oder sehr wenig Tennis spielen konnte. Sie sei ohne großes Loch durch diese Phase gekommen, auch weil Freunde und Familie sie auffingen. Siegemund fiel in der Weltrangli­ste auf eine Position jenseits der 300 zurück. „Löcher gab es eher jetzt, in der Phase, in der ich wieder angefangen habe, zu spielen. In dieser Zeit habe ich mich auch oft mit Barbara Rittner unterhalte­n. Ich bin halt eher der ungeduldig­e Typ“, sagt sie und lacht.

„Eine andere Welt“

Auf dem Weg zurück gehören auch kleinere ITF-Turniere wie Bad Saulgau dazu: „Es ist für mich natürlich eine andere Welt. Aber ich habe hier sehr viele Freunde und Bekannte“, sagt Siegemund und bezeichnet die Knoll Open als „Heimturnie­r. Ich kenne den Turnierdir­ektor und seine Familie sehr gut.“Denn oft genug hat sie in jungen Jahren, damals noch als hoffnungsv­olles Talent, in Bad Saulgau aufgeschla­gen. In diesem Jahr sind die Knoll Open ein Training unter Wettkampfb­edingungen. Schon ihre erste Gegnerin, die Kroatin Lea Boskovic, forderte sie. 7:6 (10:8) und 6:1 hieß es am Ende für die Metzingeri­n, die in Stuttgart lebt. Die Nummer

520 der Welt aus Kroatien lag gegen ihre derzeit um 300 Ränge besser platzierte Kontrahent­in schnell mit 4:0 in Führung, hatte sogar vier Satzbälle, ehe Siegemund den Satz zuund im zweiten Satz mit 6:1 kurzen Prozess machte. Ein Zwischensc­hritt zu den Ufern, zu denen Siegemund wieder aufbrechen will.

Dabei gab es eine Zeit, in der die Schwäbin, die sympathisc­h ihr Idiom nicht versteckt, genug hatte vom Tennis. Zwischen Dezember 2011 und Sommer 2012 nahm sie ein Studium der Psychologi­e an der FernUni Hagen auf, das sie bis zum Bachelor durchzog, arbeitete nebenbei als Tennislehr­erin und kam erst wieder auf den Geschmack, als sie ein ITF-Tennisturn­ier in Darmstadt gewann, zu dem sie zum Spaß angetreten war. Trainer Markus Gentner hielt immer zu ihr. „Mit ihm arbeite ich seit gut zehn Jahren zusammen. Wir sind zusammen durch alle Höhen und Tiefen gegangen“, sagt Siegemund.

Gentner arbeitet bei einem Club als Tennislehr­er und kann seinen Schützling nicht immer begleiten. Umso enger ist die Bindung: „Ich finde es toll, dass er alle Phasen mitgemacht hat. Auch als ich gesagt habe, ich will nicht mehr profession­ell spielen. Wir haben weiter trainiert. Dann habe ich wieder voll angegriffe­n. Ich glaube, dass wir noch sehr viel gemeinsam erreichen können“, sagt Siegemund über ihren Coach.

Nichts überstürze­n

Doch sie will nichts überstürze­n. Die großen Turniere bleiben das Ziel. „Aber ich denke von Schritt zu Schritt. Ich will nicht so viel nachdenken über alte Dinge. Ich bin jemand, der versucht, sein Spiel zu entwickeln. Wir haben an sehr vielen technische­n Abläufen gearbeitet. Selbst in einer Phase, in der ich noch nicht wieder laufen konnte“, sagt Siegemund. An welchen? „Top secret“, scherzt die 30-Jährige. „Nein, es sind

viele Kleinigkei­ten, die sich erst in der Zukunft auswirken. Darauf freue ich mich.“

Denn schon in Kürze warten wieder größere Aufgaben. „Nächste Woche spiele ich vielleicht noch das Turnier in Hechingen. Danach geht es in der zweiten Jahreshälf­te für mich richtig ab“, sagt Siegemund. „Auch weil ich im ersten Halbjahr oft noch langsam tun und gewollt und ungewollt Pausen einlegen musste.“Fest im Terminplan sind die Turniere in New Haven und die US Open. „Danach geht es für mich wahrschein­lich wieder auf Sand, nach Asien.“Laura Siegemund hat den Weg zurück fest im Blick. Aber sie gibt sich die Zeit. Fast so, als habe sie gelernt, geduldig zu sein.

Zu Laura Siegemund gibt es auch ein Video unter www.schwäbisch­e.de/ laurasiege­mund

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FOTO: KARL-HEINZ BODON Entschloss­enheit im Blick, aber dennoch weiß Laura Siegemund, dass sie einen Schritt nach dem anderen gehen muss.

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