Schwäbische Zeitung (Biberach)
Weltmeisterin als Anführerin
Schwebebalken-Ass Pauline Schäfer will bei der Turn-EM in Glasgow eine Medaille holen
GLASGOW (dpa/SID) - Acht Monate lang war es ruhig geworden um die erste deutsche Turn-Weltmeisterin seit 30 Jahren. Akribisch bereitete Pauline Schäfer im Winter ihre Übungen vor, die sie von heute an bei den EM im Rahmen der European Championships präsentieren will. „Ich habe ein ganz gutes Gefühl und freue mich auf die Wettkämpfe. Es ist toll zu wissen, dass ich in dieser Halle WMBronze gewonnen habe“, meinte die Schwebebalken-Königin vor den Titelkämpfen in Glasgow.
Ihre weltmeisterliche Übung hat die 21-jährige Saarländerin, die seit zehn Jahren in Chemnitz lebt und trainiert, noch einmal mächtig aufgestockt. „Ich strebe einen Ausgangswert von 5,8 Punkten an. Das sind drei Zehntel mehr als bei der WM 2017“, verriet sie. Aber noch wichtiger sei für sie die Ausführung. „Je sauberer, desto besser“, benannte sie ihre Ziele, ungeachtet anhaltender Rückenprobleme: „Es ging die letzten Wochen nicht so gut, aber ich kann damit turnen.“
Dass sich seine Freundin von solchen Problemen nicht beeindrucken lässt, unterstrich Reck-Spezialist Andreas Bretschneider. „Sie ist der Wahnsinn. Selbst mit der schlechtesten Vorbereitung kann sie in der entscheidenden Minute alles abrufen. Sie ist wie im Tunnel: der absolute Wettkampftyp. Da kann ich einiges von ihr lernen“, sagt der Chemnitzer schmunzelnd. Anfeuern kann er seine Partnerin in Glasgow nicht. „Wir kommen gerade erst an, wenn sie abfliegen. Aber im Fernsehen werden ich ihren Wettkampf verfolgen.“
Die Weltmeisterin ist nach den verletzungsbedingten Ausfällen der Olympia-Turnerinnen Elisabeth Seitz, Tabea Alt und Sophie Scheder nun neben der Stuttgarterin Kim Bui die erfahrenste im deutschen Quintett von Glasgow. Sie wird nach ihrem Mehrkampferfolg bei der nationalen EMAusscheidung die Riege anführen, die den Vergleich mit den stärksten Europäern nicht zu scheuen braucht. „Wir haben dennoch ein gutes Team zusammengestellt, das mehrere Finalchancen hat. Wir brauchen Zuversicht, Motivation, Sicherheit – no risk, no fun“, gab Cheftrainerin Ulla Koch die Devise für ihr Team aus, in dem die 16-jährige Emma Höfele und Leah Grießer (beide Karlsruhe) ihr EM-Debüt erleben. „Über eine Team-Medaille sprechen wir nicht. Unser Ziel ist es, ins Finale am Samstag einzuziehen und weitere Erfahrungen zu sammeln“, sagt Schäfer zurückhaltend. Noch nie gelang es deutschen Turnerinnen, das EM-Podest zu stürmen. Vor vier Jahren in Sofia war die Riege mit Schäfer und Bui als Vierte schon ganz dicht dran. Im Kampf um den Titel dürfte es zu einem Duell zwischen Titelverteidiger Russland und Gastgeber Großbritannien kommen.
Zeitplan Turn-EM Frauen Donnerstag: Qualifikation (11 Uhr), Samstag: Mannschafts-Finale (14 Uhr/ARD), Sonntag: Gerätefinals (15.30 Uhr/ZDF).
Die besten acht Riegen ziehen ins Team-Finale ein, die je acht besten an den Geräten turnen in den Finals am Sonntag. Ein Titel im EinzelMehrkampf wird nicht vergeben.