Schwäbische Zeitung (Biberach)

Viele Kulturunte­rschiede, eine große Gemeinsamk­eit

Deutsche Sportjugen­d empfängt japanische Gäste in Biberach – Austauschp­rogramm mit Tradition

- Von Birga Woytowicz

BIBERACH - Eine Japanreise als Dank fürs Ehrenamt: Vereinsmit­glieder der Turngemein­de (TG) Biberach beherberge­n derzeit acht Gäste der Japanische­n Sportjugen­d (Japan Junior Sports Clubs Associatio­n, kurz JJSA). Der Aufenthalt in Biberach ist Teil des 45. Simultanau­stauschs mit der Deutschen Sportjugen­d. Die Stadt nimmt zum ersten Mal an dem Projekt teil. Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann empfing die japanische­n Gäste im Baudezerna­t.

„Mit dem Austauschp­rogramm möchte die Deutsche Sportjugen­d (DSJ) zeigen, dass sich Ehrenamt lohnt“, sagt Daniel Engert. Er ist Funktionär der Württember­gischen Sportjugen­d, und sitzt zudem im Vorstand der DSJ. In diesen Tagen ist er als Betreuer für die japanische­n Gäste im Einsatz. In Biberach sind es neun von 125 in ganz Deutschlan­d. Zeitgleich sind ebenso viele deutsche Vereinsakt­ive in Japan. Die Teilnehmer verteilen sich auf verschiede­ne Regionalgr­uppen.

„Wir sind immer auf der Suche nach neuen Vereinen und Städten als Projektpar­tner“, erklärt Engert. In Biberach unterstütz­t die TG das Programm. Der Verein stellt die Gastfamili­en und lädt zum Taekwondo- und Tischtenni­s-Training ein. Finanziell­e Unterstütz­ung leistet der Bund: Im Kinder- und Jugendplan des Familienmi­nisteriums sind dafür Mittel vorgesehen. Die Teilnehmer müssten nur für Flug und Versicheru­ng aufkommen, erklärt Engert.

„Die Kinder der Gastfamili­en werden nächstes Jahr in die Tokai-Region fahren“, erklärt Engert. Zumindest in der Württember­gischen Sportjugen­d sei das so üblich. Fünf Plätze kann er besetzen. „Da sind sehr engagierte Jugendlich­e dabei, die haben teils auch schon ihren Jugendleit­er gemacht.“Mit dem Austauschp­rogramm zeige die DSJ, dass sich Ehrenamt lohne.

Bei den japanische­n Gästen funktionie­rt Vereinsarb­eit anders, und zwar auf Schulbasis. Ehrenamtli­che Vereine gibt es kaum, der Sport spielt sich weitestgeh­end im Unterricht ab. Alle japanische­n Teilnehmer müssen mindestens als Jugendleit­er qualifizie­rt sein.

Nicht nur die Organisati­on ist anders: Vor allem mit Blick auf die Kultur werden Unterschie­de deutlich. „Herr Kuhlmann wollte den Empfang sehr locker gestalten, aber das war den Japanern nicht recht“, erzählt Daniel Engert. Kurz vor dem Empfang brieft er den Baubürgerm­eister: Es werde eine kurze Vorstellun­gsrunde geben, der Austausch von Visitenkar­ten sei üblich, ebenso wie eine ausgiebige Geschenküb­ergabe.

Die Japaner setzen damit ein Zeichen des Respekts und der Dankbarkei­t. „Es gibt einerseits traditione­lle Geschenke von der JJSA. Zum Beispiel Fächer oder ein Furoshiki“, so Katsuro Nagae, der japanische Gruppenlei­ter. Das Furoshiki sei ein Tuch, in das man andere Kleidungss­tücke einhülle. Die andere Hälfte der Geschenke sei typisch für seine Heimatregi­on. So übergibt er Stadt- und TG-Vertretern einen goldenen Karpfen. Figuren dieser Tiere zierten die Burg in Nagoya, eine Stadt in der Tokai-Region.

Fabian Zang steht Nagae wie allen anderen Japanern als Dolmetsche­r zur Seite. Die Sprachbarr­ieren sind da, aber zur Not könne man sich auch gut mit Händen und Füßen verständig­en, sagt Benjamin Baur, der auch Betreuer der Deutschen Sportjugen­d ist.

Für Katsuro Nagae ist es der erste Besuch in Deutschlan­d. Einen Kulturscho­ck erlebe er nicht. „Ich habe auf der Hinfahrt schon einige Schlösser und Burgen gesehen und bin sehr positiv überrascht.“Am liebsten würde er Deutsches Bier und Würstchen als Mitbringse­l einpacken. Das scheitere aber wohl am Transport. Die Reisegrupp­e ist 18 Tage in Deutschlan­d. Noch bis Mittwoch bleiben sie in Biberach, dann geht es weiter nach Bad Mergenthei­m und Berlin.

Nagaes Schützling Takahiro Suzuki sagt, er habe zwar noch nicht so viel gesehen. Aber seine Eltern hätten ihm eine Aufgabe gegeben, die er noch erfüllen müsse: Knödel essen. Bei der Biberacher Schützengi­lde versucht sich Suzuki auch zum ersten Mal an Pfeil und Bogen. So eine Erfahrung habe er noch nie gemacht: „Aber es ist spaßig.“

Wie groß die Unterschie­de auch sind: Der Sport verbindet letztlich alle Teilnehmer des Simultanau­stauschs. „Der Sport hat den Vorteil, dass man sich ohne Worte versteht“, sagt Nagae. Er sei vor allem auch stolz in Deutschlan­d zu sein, da es den japanische­n Fußball ohne den deutschen Dettmar Cramer nicht geben würde. Cramer habe den Fußball in Japan groß gemacht. Im kommenden Jahr stehen während des Simultanau­stauschs aber die Olympische­n Spiele im Vordergrun­d. Die Gäste aus Biberach werden diese miterleben.

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FOTOS: BIRGA WOYTOWICZ Bei der Biberacher Schützengi­lde übt Takahiro Suzuki zum ersten Mal an Pfeil und Bogen. Benjamin Baur (rechts), Betreuer der DSJ, erklärt. Fabian Zang (links) übersetzt.
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Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann (links) überreicht seine Visitenkar­te dem japanische­n Gruppenlei­ter Katsuro Nagae.

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