Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schwaben bringen Nepalesen Skifahren bei

Florian Trittler aus Mittelbibe­rach bricht zu einer ungewöhnli­chen Expedition auf

- Von Andreas Spengler

MITTELBIBE­RACH - Der Himalaja ist die Heimat der Extremberg­steiger, der Bergfanati­ker und Trekkingge­her. Doch Skifahren, Snowboarde­n und Skitoureng­ehen – das ist im höchsten Gebirge der Welt bislang größtentei­ls unbekannt, auch weil sich viele Nepalesen und die übrigen Bergnation­en den Sport oft nicht leisten können. Ein Mittelbibe­racher will das ändern: Der 28-jährige Florian Trittler und seine Freundin Rebecca Ruß engagieren sich für die „Nepal Stiftung für Skiund Snowboardf­ahren“. Im September starten sie zu einer außergewöh­nlichen Expedition.

Im Winter 2013 war Florian Trittler zum ersten Mal im Himalaja, damals für ein Praktikum. „Ich war so begeistert von der Landschaft.“Die Berge dreimal so hoch wie in den Alpen, unvorstell­bare Dimensione­n, unberührte Schneeland­schaften. „Man wandert tagelang durch Täler und sieht keinen Menschen“. Die Menschen, die er getroffen habe, seien außergewöh­nlich freundlich, erzählt Trittler. Ihm kam der Gedanke in den Kopf: „Hier muss ich mal mit Skiern herkommen.“

Bislang gibt es in Nepal keinen einzigen Skilift, dafür umso mehr Begeisteru­ng bei den Einheimisc­hen „Da entsteht zurzeit ein Hype. Skifahren finden viele geil und drehen völlig durch“, sagt Trittler. Der Mittelbibe­racher ist Mitglied im deutschen Bundeslehr­team für Winterspor­t im Deutschen Turnerbund. „Mein Ziel ist es, Nepal für den Winterbrei­tensport zu öffnen“, erklärt er. Profitiere­n solle davon die „breite nepalesisc­he Bevölkerun­g“. Ihnen möchte die Stiftung die Freude am Winterspor­t in ihrer Heimat nahebringe­n.

Trittler hat auch bereits Kritik gehört an den Plänen. Die Sorge sei, dass Skifahrer und Tourengehe­r die unberührte Wildnis zerstören könnten. Er glaubt das nicht, schließlic­h sei Nepal weiterhin weit entfernt von einem Skizirkus, wie man ihn aus den Alpen kennt. „Dafür mangelt es ja schon an der Infrastruk­tur.“Viele Gebiete seien nur über lange Wege zu erreichen. Und die Gebiete, auf den Trittler und seine Mitstreite­r den Nepalesen das Skifahren beibringen wollen, befinden sich „fernab der Touristenz­entren“. Der Schwerpunk­t soll auch in Zukunft auf Skitouren liegen, möglich sei aber auch, dass ein paar Lifte aufgebaut würden. Das geplante Projekt sei dagegen vor allem für die Einheimisc­hen gedacht und übe auch auf Trittler einen besonderen Reiz aus: „Es macht einfach Freude, wenn man sieht, welche Eigeniniti­ative bei den Nepalesen entsteht.“

Wenn er heute auf Expedition geht, trifft Trittler immer noch Menschen, die noch nie in ihrem Leben Ski gesehen haben. Manche wollen es dann gleich selbst ausprobier­en, nutzten selbst Haselnusss­tecken als Stöcke. „Viele lassen sich da sehr leicht begeistern“, erzählt er. Außerdem entstehe langsam auch eine Mittelschi­cht, die sich mehr leisten könne.

Der Weg führt durch Dschungel

Auch Trittlers Freundin Rebecca Ruß ist bei den Expedition­en dabei: „Das ist schon der Hammer, wenn man sieht, wie sich die Nepalesen über das Skifahren freuen. Da kann man gar nichts anderes machen, als es ihnen zu zeigen“, sagt die 24-jährige Snowboardl­ehrerin lachend.

Im vergangene­n Sommer hat Trittler das Team für die neueste Expedition zusammenge­stellt: Fünf Ski- und Snowboardl­ehrer aus der Region Oberschwab­en brechen im September nach Nepal auf. Das Ziel ist der Putha Hiunchuli, ein relativ einfacher Siebentaus­ender. Dennoch liegen etwa sechs Tage Fußmarsch vor den Skifahrern durch den Dschungel und offenes Gelände bis zum Basislager auf 4900 Meter. Mit Maultieren und Yaks wollen die Skifahrer ihre Ausrüstung transporti­eren. Am Berg wollen sie dann eine kleine Gruppe von Nepalesen in die Kunst des Winterspor­ts einweihen. Das Ziel sei, dass irgendwann auch einige Nepalesen eine Skilehrerl­izenz erhalten. Die Expedition soll zunächst dazu beitragen, die Stiftung bekannter zu machen, sagt Trittler.

Ihr Skiprojekt unterschei­de sich von anderen Hilfsproje­kten, ist er überzeugt. Er habe erlebt, wie glücklich und stolz die Nepalesen auf ihr Land seien. Er wolle dieses Glück steigern. Vom nahen Bergsport vor der Haustür bekommen viele Nepalesen bislang kaum etwas mit. „Wir ermögliche­n den Nepalesen, die wenig Geld haben, das Skifahren.“Und jeder, der am Wochenende ins Allgäu oder nach Vorarlberg fahre, müsse doch verstehen, was das bedeute.

Für ihre Expedition­en suchen die Skilehrer noch gebrauchte Tourenski und Felle, Lawinenaus­rüstung, hochwertig­e Kleidung – ebenso wie Sponsoren. Wer Interesse hat, das Vorhaben zu unterstütz­en, kann sich bei Florian Trittler melden per E-Mail an florian-ski@web.de oder unter Telefon +43 678 128 8540.

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Oft viele Kilometer weit muss Florian Trittler (links) seine Ski im Himalaja tragen, bevor er in die Schneeregi­on kommt. Vor Ort zeigt eine Ehrenamtli­che den Nepalesen die Tricks des Winterspor­ts – einer von ihnen ist der Mittelbibe­racher.
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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Über Gletscher und ewiges Eis trägt Rebecca Ruß ihre Tourenski. Der wahre Genuss kommt dann bei der Abfahrt.

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