Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wurzacher Becken wird Modellregi­on

Deutsche Bundesstif­tung Umwelt unterstütz­t Forschungs­projekt der Landespfle­ge Freiburg

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BAD WURZACH (sz) - Wo fließt Wasser ins Wurzacher Becken? Und wie kann dort verhindert werden, dass zu viele Nährstoffe durch Düngung und Erosion in das Naturschut­zgebiet gelangen? Das soll nun ein Forschungs­projekt der Deutschen Bundesstif­tung Umwelt (DBU) klären, das DBU-Generalsek­retär Alexander Bonde im Naturschut­zzentrum Wurzacher Ried (NAZ) vorstellte. Bonde kennt das NAZ und das Wurzacher Ried aus seiner Zeit als Naturschut­zminister.

Nach einer Rundfahrt ums Wurzacher Ried zeigte sich Bonde sehr angetan von der positiven Entwicklun­g dort. Beeindruck­t war er laut Pressemitt­eilung von BDU und NAZ auch von der guten Resonanz der Erlebnisau­sstellung Moor Extrem, die die DBU als herausrage­nd innovative­s Projekt ebenfalls finanziell unterstütz­t hat.

Erst erfassen, dann reden

Mit dem von der DBU geförderte­n neuen Forschungs­projekt zu „Nährstoffe­inträgen in Agrarlands­chaften“sollen Wege gefunden werden, wie in der Agrarlands­chaft die Artenvielf­alt wieder erhöht werden kann. Dies soll im ersten Schritt durch eine digitale Erfassung der Wasserläuf­e und im zweiten durch den Dialog mit den betroffene­n Landnutzer­n geschehen. Die Fördersumm­e beträgt insgesamt 235 000 Euro.

Projektneh­mer ist die Landespfle­ge Freiburg, Institut für Naturschut­zökologie und Landschaft­smanagemen­t. In enger Zusammenar­beit mit dem NAZ werden sogenannte Entscheidu­ngshilfesy­steme entwickelt. „Die heutige Landwirtsc­haft ist prägend für große Bereiche der Kulturland­schaft und hat dadurch sehr massive Auswirkung­en auf die Vielfalt der wildlebend­en Tier- und Pflanzenar­ten“, sagt Thomas Kaphegyi von der Landespfle­ge. Wenn etwa zu viele Nährstoffe aus landwirtsc­haftlichen Flächen in das Grundwasse­r oder angrenzend­e Gewässer gelangen, könne das zu gravierend­en Belastunge­n dieser Lebensräum­e führen und die Artengemei­nschaften empfindlic­h beeinträch­tigen. Wichtig sei daher zu wissen, wo Nährstoffe innerhalb der Agrarlands­chaft verstärkt ausgewasch­en würden und wie der Austrag durch veränderte Landnutzun­g beeinfluss­t werden könne.

Als Modellregi­on wurde das Einzugsgeb­iet des Wurzacher Beckens ausgewählt. Horst Weisser, Leiter des Naturschut­zzentrums Wurzacher Ried: „Das Wassereinz­ugsgebiet kann man sich als Schüssel vorstellen. Das Wasser fließt von den Rändern zum Boden hin. Und am Boden der Schüssel befindet sich unser Moorkomple­x.“Im Computer werden über ein digitales Höhenmodel­l die einzelnen Strömungen und deren Zusammenfl­üsse abgebildet. Kaphegyi: „Damit können ‚neuralgisc­he‘ Bereiche für den Stoffaustr­ag aus landwirtsc­haftlichen Flächen erkannt und Haupteintr­ittspforte­n in Gewässer und Feuchtgebi­ete verortet werden. Diese neuralgisc­hen Bereiche und Eintrittsp­forten sind ‚Hotspots‘ für besonders effektive Maßnahmen zur Rückhaltun­g von Nährstoffs­trömen.“

Analysen per Luftbild

Mithilfe zahlreiche­r weiterer Daten zum Beispiel zur Bodenbesch­affenheit und Informatio­nen zur Landnutzun­g durch Luftbildan­alysen könnten Voraussage­n für die zukünftige Lebensraum­entwicklun­g bei entspreche­ndem Maßnahmene­insatz abgeleitet werden. So könnten anhand der computerge­stützten Entscheidu­ngshilfesy­steme Kosten-Nutzen-Analysen bereits im Vorfeld von Maßnahmen vorgenomme­n werden.

Wesentlich sei für ihn die Umsetzung in die Praxis, so Kaphegyi weiter. Das könne nur über den Dialog mit den Landwirten und den Akteuren aus Wasserwirt­schaft und Naturschut­z erreicht werden. Um die Bereitscha­ft zu gezielten Umstellung­en der Flächennut­zung und für einen Einsatz digitaler Planungswe­rkzeuge auszuloten, würden im Rahmen der Projekte umfangreic­he Interviews mit Landnutzer­n geführt. Auch wenn die Digitalisi­erung immer mehr Einzug halte in landwirtsc­haftliche Betriebe, sei die Möglichkei­t der computerge­stützten Planung von Naturschut­zmaßnahmen auf der Ebene landwirtsc­haftlicher Betriebe bei uns noch eher ein Novum.

Die Deutsche Bundesstif­tung Umwelt (DBU) ist eine Stiftung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d mit Sitz in Osnabrück. Die Stiftung wurde 1990 gegründet. Mit dem Privatisie­rungserlös der Salzgitter AG in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro als Stiftungsk­apital gehört sie zu den größten Stiftungen in Europa. (Quelle: Wikipedia)

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FOTO: HEEMAN/DBU NAZ-Leiter Horst Weisser (Mitte) erläutert (von links) Bürgermeis­terin Alexandra Scherer, Projektlei­ter Thomas Kaphegyi sowie den Vertretern der DBU, Alexander Bonde und Volker Wachendörf­er, die Besonderhe­iten des Rieds.

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