Schwäbische Zeitung (Biberach)

Einblick in die Schätze der Kirche

Im Obermarcht­aler Kloster lagern hunderte Gegenständ­e aus den Kirchen der Diözese

- Von Johannes Nuß

OBERMARCHT­AL - Rund 35 Besucher sind am Dienstag in die Geschichte der Kirche und ihrer Schätze eingetauch­t. Gut anderthalb Stunden bestaunten die Teilnehmer des Obermarcht­aler CDU-Ferienprog­ramms im Altardepot der Diözese im Obermarcht­aler Kloster Schätze aus den vergangene­n Jahrhunder­ten.

Es ist schier unglaublic­h, was sich an Schätzen hinter den Wänden der ehemaligen und nach einem Brand im Jahr 1976 wiederaufg­ebauten Wirtschaft­strakte des Obermarcht­aler Klosters findet. Über zwei Etagen erstreckt sich der Fundus, den Architekt Ralf Schneider vom Bauamt der Diözese Rottenburg-Stuttgart verwaltet.

Kirchensch­ließungen in den 60ern

Mit viel Witz, Charme und seinem sympathisc­hen Pfälzer Dialekt führte Schneider die Besucher durch die Räume. Auslöser für die Gründung des Depots sei die Sichtung von Kunstgegen­ständen in den Kirchen und Kapellen der Diözese gewesen, ausgeführt vom hauseigene­n Bauamt. In erster Linie sei es damals um die Sicherung von Kunstschät­zen gegangen, berichtete Schneider. Vieles sei damals über Umwege illegal auf Kunstmärkt­e gelangt, wo sich entspreche­nd reiche Personen hätten eindecken können. Und so finden sich in den Räumen nicht nur Altäre, sondern gleich ganze Beichtstüh­le. „Hier können wir jedem von Ihnen die Beichte abnehmen“, flachste Schneider gleich zu Beginn.

Vieles ist in gutem Zustand, vieles aber auch nicht. Das liege unter anderem daran, dass nach dem Zweiten Vatikanisc­hen Konzil in den 1960er-Jahren viele Kirchen geschlosse­n und abgerissen wurden. Häufig wurde mit dem Innenleben der Kirchen damals nicht gerade pfleglich umgegangen. „Oft wurden die Altäre mit Gewalt aus den Kirchen rausgeholt, zerschlage­n und verbrannt“, so Schneider weiter. Das, was die Aktionen während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts überlebt hat und nicht mehr in den Kirchen der Diözese verwendet wird, findet sich in Obermarcht­al. So ist unter anderem ein Altar – gestaltet von Otto Hajek – unter den Exponaten.

Kunstschaf­fen spiegelt sich wider

Sogar ganze heilige Leiber finden sich hier. Diese sogenannte­n Katakomben­heiligen sind unbekannte Personen aus der Zeit des frühen Christentu­ms, deren Gebeine zwischen dem 16. und 19. Jahrhunder­t in großer Zahl aus den Katakomben in Rom entfernt wurden. Typischerw­eise wurden solche Reliquien später reich mit Gold, Edelsteine­n und Stickereie­n verziert. In Obermarcht­al findet sich so etwa der heilige Clemens. Und zwar in ganzer Größe, was laut Schneider nicht mehr so häufig vorkomme. Oft seien diese „Ferraris des 18. Jahrhunder­ts“über die Jahre in Einzelteil­e zerlegt und verkauft worden.

Die Vielfältig­keit des kirchliche­n Kunstschaf­fens der vergangene­n Jahrhunder­te spiegelt sich letztlich auch im Obermarcht­aler Depot wider. Aufnahmefä­hig sind alle Objekte, die in einem liturgisch­en Kontext stehen oder standen und einen weitgehend wiederverw­endungsfäh­igen Zustand oder „kulturhist­orisch bedeutsame­n Dokumentat­ionscharak­ter“haben. Die Objekte werden so gut wie möglich aufbewahrt. Überwiegen­d finden sich in Obermarcht­al historisch­e Altäre und Kanzeln, Chorschran­ken und Chorgestüh­le, Skulpturen und Reliefs, Kruzifixe und Kreuzwege, Objekte des Totenkults, Altarleuch­ten, Reliquiare und Reliquien, Tabernakel und vieles mehr. Textile Objekte werden in der Paramenten­kammer des Klosters Sießen aufbewahrt.

 ?? FOTOS: NUSS ?? Architekt Ralf Schneider (rechts) führte die Gäste durch das Depot im Kloster Obermarcht­al.
FOTOS: NUSS Architekt Ralf Schneider (rechts) führte die Gäste durch das Depot im Kloster Obermarcht­al.

Newspapers in German

Newspapers from Germany