Schwäbische Zeitung (Biberach)
Einblick in die Schätze der Kirche
Im Obermarchtaler Kloster lagern hunderte Gegenstände aus den Kirchen der Diözese
OBERMARCHTAL - Rund 35 Besucher sind am Dienstag in die Geschichte der Kirche und ihrer Schätze eingetaucht. Gut anderthalb Stunden bestaunten die Teilnehmer des Obermarchtaler CDU-Ferienprogramms im Altardepot der Diözese im Obermarchtaler Kloster Schätze aus den vergangenen Jahrhunderten.
Es ist schier unglaublich, was sich an Schätzen hinter den Wänden der ehemaligen und nach einem Brand im Jahr 1976 wiederaufgebauten Wirtschaftstrakte des Obermarchtaler Klosters findet. Über zwei Etagen erstreckt sich der Fundus, den Architekt Ralf Schneider vom Bauamt der Diözese Rottenburg-Stuttgart verwaltet.
Kirchenschließungen in den 60ern
Mit viel Witz, Charme und seinem sympathischen Pfälzer Dialekt führte Schneider die Besucher durch die Räume. Auslöser für die Gründung des Depots sei die Sichtung von Kunstgegenständen in den Kirchen und Kapellen der Diözese gewesen, ausgeführt vom hauseigenen Bauamt. In erster Linie sei es damals um die Sicherung von Kunstschätzen gegangen, berichtete Schneider. Vieles sei damals über Umwege illegal auf Kunstmärkte gelangt, wo sich entsprechend reiche Personen hätten eindecken können. Und so finden sich in den Räumen nicht nur Altäre, sondern gleich ganze Beichtstühle. „Hier können wir jedem von Ihnen die Beichte abnehmen“, flachste Schneider gleich zu Beginn.
Vieles ist in gutem Zustand, vieles aber auch nicht. Das liege unter anderem daran, dass nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er-Jahren viele Kirchen geschlossen und abgerissen wurden. Häufig wurde mit dem Innenleben der Kirchen damals nicht gerade pfleglich umgegangen. „Oft wurden die Altäre mit Gewalt aus den Kirchen rausgeholt, zerschlagen und verbrannt“, so Schneider weiter. Das, was die Aktionen während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts überlebt hat und nicht mehr in den Kirchen der Diözese verwendet wird, findet sich in Obermarchtal. So ist unter anderem ein Altar – gestaltet von Otto Hajek – unter den Exponaten.
Kunstschaffen spiegelt sich wider
Sogar ganze heilige Leiber finden sich hier. Diese sogenannten Katakombenheiligen sind unbekannte Personen aus der Zeit des frühen Christentums, deren Gebeine zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in großer Zahl aus den Katakomben in Rom entfernt wurden. Typischerweise wurden solche Reliquien später reich mit Gold, Edelsteinen und Stickereien verziert. In Obermarchtal findet sich so etwa der heilige Clemens. Und zwar in ganzer Größe, was laut Schneider nicht mehr so häufig vorkomme. Oft seien diese „Ferraris des 18. Jahrhunderts“über die Jahre in Einzelteile zerlegt und verkauft worden.
Die Vielfältigkeit des kirchlichen Kunstschaffens der vergangenen Jahrhunderte spiegelt sich letztlich auch im Obermarchtaler Depot wider. Aufnahmefähig sind alle Objekte, die in einem liturgischen Kontext stehen oder standen und einen weitgehend wiederverwendungsfähigen Zustand oder „kulturhistorisch bedeutsamen Dokumentationscharakter“haben. Die Objekte werden so gut wie möglich aufbewahrt. Überwiegend finden sich in Obermarchtal historische Altäre und Kanzeln, Chorschranken und Chorgestühle, Skulpturen und Reliefs, Kruzifixe und Kreuzwege, Objekte des Totenkults, Altarleuchten, Reliquiare und Reliquien, Tabernakel und vieles mehr. Textile Objekte werden in der Paramentenkammer des Klosters Sießen aufbewahrt.