Schwäbische Zeitung (Biberach)
Im letzten Versuch zu Silber geflogen
Fabian Heinle, Weitspringer aus Stuttgart, gewinnt Duell mit Ukrainer Nykyforow
BERLIN (dpa/SID) - Fabian Heinle schnappte sich die deutsche Fahne, legte sie sich auf die Schultern und ließ sich vom tobenden Berliner Publikum feiern: Der deutsche Meister aus Stuttgart war nach seinem Weitsprung-Coup völlig aus dem Häuschen. Mit 8,13 Metern freute sich der 24-Jährige bei der EM im Berliner Olympiastadion nach einem chaotischen Wettkampf über Silber. „Ich habe mir eine Medaille gewünscht, aber nicht damit gerechnet“, sagte Heinle nach dem größten Erfolg seiner Karriere. Trotz des zweiten Platzes legte das deutsche Team offiziell Protest wegen der Weitenmessung im vierten Versuch ein. Diesem wurde zwar stattgegeben, an Heinles Silber änderte das aber nichts.
„Es war danach ein bisschen Verwirrung, weil der Schwede auch noch Protest eingelegt hat. Ich wusste also noch nicht, welcher Platz es ist“, sagte Heinle, der selbst reichlich rätseln musste: „Mein vierter Versuch wurde mit 7,77 Metern gemessen. Auf dem Videoschirm hat man aber gesehen, dass der über der grünen Linie war. Wie weit der jetzt gewesen ist, kann ich nicht sagen.“Weniger weit als die 8,25 Meter des griechischen Siegers Miltiadis Tentoglou jedenfalls, so entschied die Jury.
Auch bei anderen Sprüngen hatte es im Finale lange Diskussionen zwischen den Athleten und den Kampfrichtern gegeben. Heinle nahm die Verwirrung gelassen. „Ich bin eh so kaputt, dass ich mich noch nicht richtig freuen kann“, sagte er. Der Ukrainer Sergej Nikiforow, der wie Heinle 8,13 Meter sprang, holte Bronze, er brachte einen schlechteren zweiten Versuch in die Wertung ein.
Heinle profitierte auch davon, dass zwei Topspringer der Szene nicht am Start waren. Titelverteidiger Greg Rutherford, der 2016 bei der EM in Amsterdam Gold gewonnen hatte, verzichtete kurz vor seinem Rücktritt auf eine Teilnahme. ExWeltmeister Alexander Menkow hatte im Zuge der Suspendierung des russischen Verbandes kein Startrecht erhalten.
Schon in der Qualifikation hatte Heinle sein Potenzial angedeutet und als einer von nur zwei Athleten mit 8,02 Metern die geforderte Qualifikationsweite von acht Metern übertroffen. Im Wettkampf schraubte er seine Saisonbestleistung von bislang 8,04 Metern nach oben.
Bei der WM 2015 und Olympia 2016 hatte der gelernte Mechatroniker jeweils mit Weiten von unter acht Metern noch knapp das Finale der besten Acht verpasst. Anschließend wurde er von Rückenproblemen immer wieder zurückgeworfen, ist inzwischen aber schmerzfrei. „Wenn Fabian fit bleibt“, sagte sein Heimtrainer Tamas Kiss, „dann kann es noch sehr viel weiter gehen.“Das glauben seit Mittwochabend einige.