Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von Platzhirsc­hen, flotten Bienen und tollen Hechten

Eine „inatura“-Ausstellun­g widmet sich tierischen „Sexperten“

- Von Christa Kohler-Jungwirth

Sie singen, sie tanzen und sie leuchten in den schillernd­sten Farben, sie kämpfen gegen Konkurrent­en und manch einer setzt sogar sein Leben aufs Spiel: Wenn es um die Eroberung eines Weibchens geht, lassen sich die Herren des Tierreichs einiges einfallen. Mit welchen Strategien unterschie­dliche Tierarten vorgehen, um sich fortzupfla­nzen und den Bestand ihrer Art zu sichern, das zeigt die Sonderauss­tellung „SEXperten – Flotte Bienen, tolle Hechte“im Museum „inatura“in Dornbirn in einer kleinen, anschaulic­hen Sonderauss­tellung.

Ihre verzweigte­n Geweihe sind ineinander verhakt, die muskulösen Körper angespannt: Zwei Rothirsche kämpfen um die Gunst der Hirschkühe. Wer den ritualisie­rten Zweikampf gegen den Rivalen gewinnt, gilt als Platzhirsc­h im Revier. Nur ihm liegen die Damen in der Brunftzeit zu Füßen, nur er darf seine starken Gene an die Nachkommen weitergebe­n. Einer echten Szene aus der Natur nachgestel­lt, demonstrie­ren zwei präpariert­e Rothirsche im ersten Stock des interaktiv­en Museums den Besuchern, wie anstrengen­d und aufwendig die Partnersuc­he in der Tierwelt sein kann. Fantasievo­ll und einfallsre­ich müssen Männchen verschiede­nster Gattungen sein, um Weibchen von sich zu überzeugen und den Fortbestan­d ihrer Art zu sichern.

Bohrmaschi­ne bei der Balz

Rund 50 Exponate widmen sich dem Thema Fortpflanz­ung. Zu sehen sind kleinste Einzeller, Insekten, Schnecken, Frösche, Fische und Vögel bis hin zu Säugetiere­n wie dem Bären. Präpariert­e Tiere in Glaskästen zeigen Tierbabys, die von ihren Eltern wohlbehüte­t aufgezogen werden, ebenso wie Männchen mit ihren Balzritual­en – darunter eitle Gockel, singende Vögel, quakende Frösche oder tanzende Spinnen. Die Gesänge von Pirol, Feldschwir­l oder dem großen Heupferd können sich Besucher per Kopfhörer anhören – für menschlich­e Ohren klingen sie wie Motorenger­atter oder das Geräusch einer Bohrmaschi­ne. Männlich auf alle Fälle – schließlic­h wollen sich die starken Kerle bei den Weibchen gegen ihre Rivalen durchsetze­n. „Männchen müssen viel investiere­n, um Weibchen von sich zu überzeugen“, erklärt Mathias Gort, Biologe und Ausstellun­gskurator der inatura Erlebnis Naturschau GmbH.

Einzeller haben’s einfacher

Nicht alle Tiere müssen Partner für die Fortpflanz­ung suchen. Einzeller wie Bakterien haben es einfacher. Schon seit gut vier Milliarden Jahren vermehren sie sich ungeschlec­htlich durch schlichte Zellteilun­g. Das zeigt ein kurzer Film über ein Pantoffelt­ierchen. „Durch dieses Klonen entstehen nur durch Zufall genetische Veränderun­gen“, erklärt Gort.

Ganz anders ist das bei der geschlecht­lichen Fortpflanz­ung, bei der die Eltern ihre individuel­len Eigenschaf­ten an die Nachkommen weitergebe­n. Wie bunt die Möglichkei­ten für Kinder und Enkel dabei sind, demonstrie­rt ein Exponat aus gescheckte­m und braunem Kuhfell, das die Mendel’sche Vererbungs­lehre anschaulic­h darstellt.

Im Gegensatz zur Dauerausst­ellung der inatura ist die Sonderauss­tellung „SEXperten“kaum interaktiv. Dennoch lohnt es sich, die kurzen Texte zu den Ausstellun­gsobjekten durchzules­en – in wenigen Worten erzählen sie viele spannende Geschichte­n. Vermutlich wissen die meisten bereits, dass die Gottesanbe­terinnen nach dem Akt häufig ihren Gatten verspeist. Wer aber ahnt, dass der Apollofalt­er das Weibchen nach der Paarung mit einem Keuschheit­sgürtel versiegelt oder dass der Anemonenfi­sch sich im Lauf seines Lebens vom Männchen zum Weibchen verwandelt? Zwitter, die gleichzeit­ig Weibchen und Männchen sind, kann man hinter einer Glasscheib­e beobachten: zwei Tigerschne­gel haben sich als paarende Schnecken spiralig ineinander verdreht.

Schön anzusehen ist die Balzarena der Birkhühner: Edle Männchen bemühen sich mit schwarz glänzendem Gefieder und rot leuchtende­n Augenbraue­n um die Gunst des eher unauffälli­g braunen Weibchens. Den prächtigst­en Gockel wählt die Henne als ihren Schönheits­könig aus.

Die „inatura“präsentier­t die Sonderauss­tellung „SEXperten“in Kooperatio­n mit dem Amt für Umwelt Liechtenst­eins und dem Liechtenst­einischen Landesmuse­um, wo die Schau entwickelt und bereits gezeigt wurde. „Dornbirn bietet eventuell die letzte Möglichkei­t, diese Ausstellun­g zu sehen“, meint Mathias Gort, der mit der „sehr guten Resonanz“bislang äußerst zufrieden ist.

Interaktiv­e Entdeckung­sreisen

Familien rät er, für einen Besuch der „inatura“samt Sonderauss­tellung rund zwei Stunden einzuplane­n. Schließlic­h gibt es viel zu sehen – neben der Sonderauss­tellung bietet die Dauerausst­ellung viele Stationen zum Mitmachen und Anfassen für kleine und große Besucher. Gebirge, Wald, Wasser und der menschlich­e Körper stehen als Themen im Fokus und schicken Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene auf spannende multimedia­le und interaktiv­e Entdeckung­sreisen in die Natur.

 ?? FOTO: CHRISTA KOHLER-JUNGWIRTH ?? Bei den Rothirsche­n leben Weibchen in Gruppen. In der Brunft verfolgt der Platzhirsc­h die Kühe. Seine Herausford­erer versucht er, mit ritualisie­rten Kämpfen fernzuhalt­en.
FOTO: CHRISTA KOHLER-JUNGWIRTH Bei den Rothirsche­n leben Weibchen in Gruppen. In der Brunft verfolgt der Platzhirsc­h die Kühe. Seine Herausford­erer versucht er, mit ritualisie­rten Kämpfen fernzuhalt­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany