Schwäbische Zeitung (Biberach)
Brennpunkt Stadthalle
Polizei ist vermehrt auf Streife – Hinter Problemen stecken Schicksale.
BIBERACH - Wer aufmerksam durch Biberach geht, dem sind bestimmt schon die vielen Streifenwagen der Polizei aufgefallen. „Sicheres Biberach“heißt die Einsatzkonzeption der Polizei, die bereits im Juni begonnen hat. „Uns geht es um die Bekämpfung des vermehrten Rauschgiftkonsums an bestimmten Plätzen, aber auch um Autoraser“, sagt Uwe Krause, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Ulm. „Wir sind tagsüber und auch abends mit mehreren Streifen unterwegs. Teilweise auch in Zivil, um für einen Überraschungseffekt zu sorgen.“
Mit viel Präsenz will die Polizei auch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung stärken. „Die Polizei hat die Konzeption entwickelt, um auf die Brennpunkte zu reagieren, die es in Biberach gibt“, so der Polizeisprecher. Die Beamten kontrollieren deshalb gezielt rund um die Stadthalle, am Ratzengraben und auch im Wielandpark oder auf dem Gigelberg. „Dabei geht es aber nicht immer nur um schwere Straftaten, sondern auch um kleinere Ordnungswidrigkeiten wie laute Musik.“Dennoch habe Biberach derzeit ein Problem, was Drogenkonsum und Drogendelikte angehe.
An den Brennpunkten halten sich teilweise Jugendliche und auch Erwachsene auf, die unter anderem von Obdachlosigkeit und Armut betroffen sind. Seit die Polizei verstärkt kontrolliert, sei es um die Stadthalle ein bisschen ruhiger geworden. „Die Kontrollen bringen viel, wir hoffen auf einen Verdrängungseffekt“, sagt Uwe Krause. „Vielleicht treffen sich die Leute künftig an anderen Plätzen, an denen sie nicht so stören.“ Für Streetworkerin Susanne Gnann vom Biberacher Verein Jugend Aktiv ist das nicht die Lösung des Problems: „Dann verschiebt sich die Problematik an einen anderen Ort“, sagt sie. „Man muss das Problem an den Wurzeln anpacken, denn hinter einigen dieser Menschen, die sich dort treffen, stecken Schicksale.“Schicksale, mit denen die Streetworker in Biberach täglich zu tun haben. „Unser Auftrag ist es nicht, sie zu
vertreiben. Für uns sind sie in erster Linie Bürger der Stadt und sie dürfen sich an öffentlichen Plätzen aufhalten“, sagt Susanne Gnann. „Das ist ihr Recht.“
Die Personengruppen, die sich oft rund um die Stadthalle aufhalten, haben teilweise kein Zuhause, leben auf der Straße und haben niemanden, der ihnen zuhört. „Wir suchen sie
auf, hören ihnen zu und helfen, wenn wir können“, sagt die Streetworkerin. „Ich würde mir wünschen, dass die Menschen ihre Augen öffnen für diese Mitbürger und deren relative Armut nicht verharmlost wird.“Es gebe Jugendliche in Biberach, die sich Dinge, die für die meisten selbstverständlich sind, nicht leisten können – sei es ein Freibadbesuch oder ein Paar neue Schuhe. „Das ist demütigend für sie.“Für Susanne Gnann steht fest: „Wir müssen die Ursachen bekämpfen und nicht die Menschen, die sich dort aufhalten, vertreiben.“
An diesem Thema ist Jugend Aktiv auch gemeinsam mit der Polizei und der Stadt Biberach dran. „Wir kennen die Problematik“, sagt Katrin Högerle, stellvertretende Leiterin des städtischen Ordnungsamts. „Nach der Sommerpause wollen wir mit allen Beteiligten ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen.“Dass die Polizei verstärkt in Biberach auf Streife ist, findet Katrin Högerle gut. „Unsere Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes sind ebenfalls in den Abend- und Nachtstunden präsent und tragen ihren Teil zum Sicherheitsempfinden bei.“