Schwäbische Zeitung (Biberach)
Autoren und Texte inspirieren
„Eine Stadt liest – Orte für Worte“bietet Literatur an ungewohnten Stellen
BIBERACH - Dort über Literatur stolpern, wo man normalerweise nicht einmal vorbeikäme – das ist das Motto der Tour „Eine Stadt liest – Orte für Worte“. Mehr als 160 Interessierte waren am Mittwochabend der Einladung gefolgt, sich an fünf ungewöhnlichen Orten in Biberach von literarischen Texten inspirieren zu lassen.
Die sogenannten Orte für Worte wurden im Voraus allerdings nicht preisgegeben, sondern blieben bis zum letzten Moment geheim. Erreicht wurden sie mit insgesamt drei Shuttlebussen, die eine halbe Stunde zeitversetzt starteten. Zu den geheimen Stationen zählten das Kleeblatthaus, die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, die Requisitenhalle der Schützendirektion, das Heinz-Engler-Forum in der Dollinger-Realschule und das Jugendhaus Biberach. Dort wurden die li- terarischen Hörproben verlesen. Teilweise sogar von den Autoren selbst, wie im Falle von Barbara Piazza, die im Kleeblatthaus aus ihrem eigenen Buch „Die Frauen der Pasqualinis“las. Somit war die Möglichkeit geboten, zumindest kurz mit dem Autor ins Gespräch zu kommen.
Anhand rätselhafter Kurzbeschreibungen im Programmheft, konnten die Teilnehmer vorab spekulieren, wohin die Reise sie als nächstes führen würde.
Charmantes Format
Inge Voss von der Stadt Biberach bezeichnet das Format daher als „äußerst charmant“. Sie hat die Tour mitorganisiert und selbst begleitet. „Auch dieses Jahr sind wir wieder komplett ausverkauft“, sagt sie. Es könne eben aufgrund der begrenzten Anzahl an Sitzplätzen im Bus nicht jeder mitfahren, was die Sache auch reizvoll mache, findet Voss.
Steffi Brüggemann freut sich darüber, das letzte Ticket ergattert zu haben. „Meine Freundin hatte dann schon Pech. Sie hat leider keins mehr bekommen“, sagt die Biberacherin. Sie hat über die Zeitung von der Tour erfahren und war in diesem Jahr das erste Mal dabei. Ihr Resümee ist sehr positiv: „Jede Station hält eine andere Überraschung bereit“, sagt sie.
Damit behielt sie recht, denn obwohl sich das übergeordnete Thema „Frauen in der Literatur“als roter Faden durchs Programm zog, wichen die Texte an jeder Station leicht ab. So waren vom Auszug aus dem Roman über eine Dankesrede bis hin zum Gedicht so einige literarische Gattungen vertreten. „Wir wollen die Leute einfach etwas näher zum Lesen bringen“, erklärt Inge Voss. Ein breiteres Spektrum an Texten anzubieten, kommt daher gelegen. „Außerdem wollen wir durch die Tour auch Menschen erreichen, die sonst nicht kulturbeflissen sind“, stellt sie klar.
In der Hochschule für Polizei las Cornelia Sikora aus „Anfangen“, eine Dankesrede von Carolin Emcke, Publizistin und Philosophin. In der Requisitenhalle der Schützendirektion trug Jan Sandel Passagen aus „Die profanen Stunden des Glücks“von Renate Feyl vor. Im Heinz-Engler-Forum las Volker Angenbauer aus „Vom Winde verweht“von Margaret Mitchell. Im Jugendhaus war Jeanine Lang mit eigener Poesie „Ausbrechen“, „Magie der Worte“(PoetrySlams) und „Ruf nach Atlantis“(Gedicht) zu hören.
„Eine Stadt liest – Orte für Worte“findet bereits seit 2004 Anklang bei den Biberachern. Damals noch in abgewandelter Form in Geschäften und Cafés. „Eigentlich dachten wir, nach der dritten Veranstaltung dieser Art wäre Schluss“, gibt Inge Voss zu. „Doch bisher war das Interesse jedes Jahr so erfreulich groß, dass wir die Tour immer wieder machen konnten.“