Schwäbische Zeitung (Biberach)
Letzter authentischer Schauplatz
Georg Büchners Geburtshaus in Hessen soll bekannter werden – Preisträgerin Terézia Mora wird erwartet
RIEDSTADT-GODDELAU (dpa) - Das Büchnerhaus lässt sich mit dem Navi nicht gleich finden und ist meistens geschlossen. Das Geburtshaus des Schriftstellers, Naturwissenschaftlers und Revolutionärs Georg Büchner (1813-1837) liegt mitten in einem Wohngebiet im südhessischen Riedstadt-Goddelau – einer Gemeinde mit rund 6700 Einwohnern. Der Leiter der Gedenkstätte, Büchner-Fachmann Peter Brunner, wird zwar mit einer halben Stelle von der Stadt bezahlt. „Uns fehlt aber Personal, um häufiger als zwei Nachmittage in der Woche zu öffnen“, sagt Brunner.
Ehrenamtsarbeit
Vor allem Ehrenamtliche und die Stadt haben das 1665 gebaute Fachwerkhaus vor rund 20 Jahren vor dem Verfall gerettet und mit Spenden zu einem kleinen Museum und Veranstaltungsort ausgebaut, wie Bürgermeister Marcus Kretschmann (CDU) sagt. Einer der Höhepunkte ist jedes Jahr die Lesung des Büchner-Preisträgers in dem zur Galerie ausgebauten Kuhstall mit rund 40 Plätzen. Die diesjährige Gewinnerin Terézia Mora wird auch dazu erwartet, einen Termin gibt es aber noch nicht.
Um mehr als derzeit rund 3000 Besucher pro Jahr durch die kleine Dauer-Ausstellung „Von Goddelau zur Weltbühne“zu führen, bräuchte das Büchnerhaus mehr Geld, sagt Brunner. Nicht nur für Personal, sondern auch für Werbung und die Anschaffung von Tablets und Laptops um einen Teil der Ausstellung zu modernisieren.
Die kleine Ausstellung im Geburtshaus Büchners ist zwar eigentlich selbsterklärend, richtig spannend wird sie jedoch durch die mit Herzblut, Anekdoten und Fachwissen begleiteten Führungen. Mindestens eine Stunde müsse für die fünf Räume veranschlagt werden, sagt Brunner. „Manche Besucher bleiben aber auch vier Stunden, Schulklassen in der Regel zwei.“Aufgeteilt ist die gesamte Ausstellung in vier Kapitel: Darmstadt, Haft und Flugschrift Hessischer Landbote, die Flucht nach Straßburg sowie Weltbühne.
Im Stock darüber finden sich das Geburtszimmer sowie einige Originaldokumente und eine kleine Bibliothek. Nur ein Zimmer hatte Büchners Vater Ernst in dem Haus gemietet. Die Bibliothek ist aber zum Teil noch in einem Raum untergebracht, den Georgs Vater, der als Arzt sein Geld verdient hat, zum Tee-Mischen nutzte.
In Goddelau lernte er Büchners Mutter kennen, die Tochter des Verwalters eines benachbarten Hospitals und Irrenhauses, wie Brunner sagt. Einige Jahre später zog die dreiköpfige Familie nach Darmstadt, wo Georg Büchner seine Jugend verbrachte. Sechs von Ernsts und Carolines Kindern überlebten, mit jedem seien sie in ein neues Haus gezogen, sagt Brunner. Wichtig sei immer die Küche gewesen. Denn: „Vater Büchner wünschte das Gespräch mit seinen Kindern - ungewöhnlich für die Zeit.“Er habe jedoch mit allen von ihnen „ganz entsetzliche Sorgen“gehabt.
Der Schriftsteller Georg Büchner erkrankte in Zürich an Typhus, wo er Privatdozent für Vergleichende Anatomie war. Er starb schon mit 23 Jahren – und hätte nach Ansicht von Germanisten, Politikwissenschaftlern und Naturwissenschaftlern noch Großes schaffen können. Der Friedhof mit seinem Grab wurde aufgelöst und Büchners Leiche deshalb 1876 exhumiert und innerhalb Zürichs umgebettet. Ein Stein vom ersten Grab findet sich im Büchnerhaus - direkt vor seinem Geburtszimmer.
„Vater Büchner wünschte das Gespräch mit seinen Kindern – ungewöhnlich für die Zeit.“Peter Brunner, Büchnerfachmann
Die Dauerausstellung „Von Goddelau zur Weltbühne“im Geburtshaus von Georg Büchner (Weidstraße 9, 64560 Riedstadt) ist donnerstags und sonntags von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Zudem gibt es nach Voranmeldung Termine für Schulklassen und Gruppen. Weitere Informationen unter www.riedstadt.de.