Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nur eine Empfehlung oder eine kategorische Vorgabe?
Warum neue Wohngebiete nicht zu nah an die Galvanikanlage heranrücken sollen
UMMENDORF (mad) - Die SZ hat einige Informationen rund um die Galvanikanlage im Instandsetzungszentrum 12 der Luftwaffe in Ummendorf zusammengetragen.
Was ist Galvanik?
Vereinfacht gesagt geht es ums Aufbringen metallischer Schichten auf ein Material, also Verfahren wie Verzinken, Verchromen oder Versilbern. Das kann dekorativen Zwecken dienen wie bei verchromten Autoteilen und Silberbesteck – oder im Fall der Luftwaffe dazu, das fliegende Gerät gegen Korrosion und Verschleiß zu schützen oder die elektrische Leitfähigkeit von Teilen zu erhöhen. Beim Eintauchen in elektrolytische Bäder löst der Strom Ionen eines Metalls wie Zink oder Chrom, diese setzen sich als gleichmäßiger Überzug auf dem zu veredelnden Werkstück ab. Das Galvanisieren ist nur eine Spezialität des Ummendorfer Standorts. Eine weitere ist die Wartung von Rettungssystemen wie Schleudersitzen.
Worin liegen Risiken im Störfall?
Die Bäder enthalten Lösungen mit chemischen Stoffen. Gefahren bergen laut Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) nicht so sehr die einzelnen Stoffe, entscheidender sind „die im Störfall entstehenden Produkte“, sprich die chemischen Reaktionen, wenn diese unkontrolliert zusammenkommen sollten.
Was hat es mit dem „Achtungsabstand“auf sich?
Nach Darstellung des BAIUDBw handelt es sich um eine Empfehlung, die bei der Bauleitplanung in die Abwägung einfließen muss. Demnach bestünden gewisse Ermessensspielräume. Nicht abschließend zu klären war die Frage, warum das bei der Gemeinde anders angekommen zu sein
scheint. Jedenfalls schreibt die Verwaltung in einer Sitzungsvorlage vom Januar 2018 zum Flächennutzungsplan, wegen der Galvanikanlage „lehnt die Bundeswehr die Entwicklung von Neubaugebieten im Umkreis von circa 900 Metern derzeit kategorisch ab.“
Gibt es rechtliche Einschränkungen für Bestandsgebäude?
Nein, sagt Reinhold Magerl von der öffentlich-rechtlichen Aufsicht der Bundeswehr. Ein beträchtlicher Teil des Orts Ummendorf liegt innerhalb eines Radius von circa 900 Metern um die Galvanikanlage, ganz grob alles innerhalb eines gedachten Bogens Schweinhauser Straße - Bachstraße Am Bühl - Gewerbegebiet Espach. Innerhalb bestehender Siedlungsbereiche sind jedoch Änderungen und sogar Neubauten möglich. So wird etwa gerade die Seniorenwohnanlage in der Wielandstraße gebaut. Dazu teilt das BAIUDBw mit, dass in solchen Fällen „bei einer Verdichtung mit schutzbedürftiger Nutzung (...) ein angemessener Interessenausgleich“in der Bauleitplanung zu finden sei.