Schwäbische Zeitung (Biberach)
Abhaken und angreifen
Turner sind trotz Einzugs ins Teamfinale selbstkritisch
GLASGOW (dpa/SID) - Marcel Nguyen fand in einer unruhigen Nacht nur zwei Stunden Schlaf, Andreas Bretschneider grübelte auch 14 Stunden nach dem Wettkampf über seinen „Flüchtigkeitsfehler“– selten sah man deutsche Turner nach einem dritten Rang mit solch langen Gesichtern. Und das nach der Qualifikation und dem souverän gesicherten Platz im Teamfinale der EM von Glasgow.
„Klar, ich kann mich jetzt kurz ärgern und traurig sein. Aber wichtig ist es doch, dass wir am Samstag angreifen und um die Medaille kämpfen“, sagte Bretschneider nach der „übelsten Klatsche“: Der Sportsoldat aus Chemnitz war stark am Reck gestartet, brachte alle seine Flugteile sicher über die Stange – doch dann patzte er bei einem der leichteren Elemente. „Das ist mir im Trainingslager einmal passiert, da habe ich es als Flüchtigkeitsfehler abgetan“, berichtete er. „Das darf einfach nicht sein.“
Von den Schwierigkeiten her gilt das Reck weiter als Topgerät der Deutschen, doch der Absturz auf Platz 16 am Königsgerät dämpfte beträchtlich die Stimmung vor dem Medaillenkampf. Auch der sonst so zuverlässige Andreas Toba konnte seinen Absturz bei dem nach dem Kroaten Moznik benannten Flieger kaum fassen: „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dieses Teil mal im Wettkampf verturnt habe.“
Obwohl auch Marcel Nguyen mit seiner Reck-Leistung nicht zufrieden war, haderte der 30-Jährige doch viel mehr mit seinem BarrenAbgang. Obwohl er angesichts von zwei Finaleinzügen am Boden und den Ringen auch viel Grund zur Freude gehabt hätte. „Ich würde die zwei Finals gern gegen das am Barren tauschen“, sagte der Unterhachinger. Genau dort – im Barrenfinale – steht Nils Dunkel. Völlig überraschend. So konnte wenigstes ein deutscher Turner schmunzeln am Donnerstagabend.