Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hoffnung für Landwirte und Bienen

In Ummendorf wird eine Alternativ­e zum Mais angebaut, die manches Problem lösen soll

- Von Andreas Spengler

UMMENDORF - Der Maisanbau steht häufig in der Kritik. „Von einer grünen Wüste“, sprechen manche, weil die Pflanze weite Landschaft­en überzieht. Bei Starkregen werden oft ganze Felder abgeschwem­mt, für Insekten bietet er kaum Lebensraum, lockt dafür aber Wildschwei­ne an. Längst wird der Mais nicht mehr nur an Tiere verfüttert, sondern wandert auch in Biogasanla­gen – seitdem boomt der Anbau. Doch die ersten Landwirte setzen auf Alternativ­en, wagen neue Schritte, wie Hubert Jäckle aus Ummendorf. Er glaubt heute an eine Pflanze, die ihm einst schlaflose Nächte bescherte.

Der Start war holprig: Jäckle kann sich noch genau erinnern, wie er vor einem Jahr auf seinem Feld stand, den Strohhut vor dem Gesicht, die Hacke in der Hand. 40 Stunden lang habe er Unkraut gejätet, das zwischen den Reihen aus Mais und der neu angesäten Silphie-Pflanze wucherte. „Seit wann hackt man den Mais von Hand?“, hätten Spaziergän­ger ihm zugerufen. Doch Jäckle wusste, was er tat: Er wollte die idealen Voraussetz­ungen für seine neue Energiepfl­anze schaffen, einen Boden frei von Unkraut, ohne chemischen Einsatz. Doch der Regen blieb zunächst aus, die Silphie-Pflanze wuchs anfangs noch spärlich und bereitete Jäckle vor allem Kopfzerbre­chen. Dabei hatte er 5600 Euro für den Anbau auf rund 1,9 Hektar Fläche investiert, gefördert von einer breiten Unterstütz­erschaft aus der Gemeinde Ummendorf, der Jagdgenoss­enschaft, der Jagdpächte­r und der Ummendorfe­r Bürgerstif­tung.

Rund zwei Drittel der Kosten musste Jäckle selbst tragen. Doch er investiert­e, weil er an das Verspreche­n glaubt, das ihm der Jagdpächte­r und Imker Norbert Schomborg gegeben hatte.

Schomborg hatte von der „durchwachs­enen Silphie“gehört – und wusste, dass Jäckle freie Flächen hatte, auf denen der Landwirt früher Tierfutter und Getreide angebaut hatte. Nachdem die Jäckles ihr Milchvieh aufgeben mussten, waren sie auf der Suche nach Alternativ­en.

An einem heißen Sommertag mitten im August steht Schomborg neben dem gelb lühenden Silphie-Feld der Jäckles und holt zum Loblied aus: „Hier gibt es Bienen ohne Ende“, schwärmt er. Und weil die Silphie an ihren Halmen kleine Becher hat, hält sich dort selbst an heißen Tagen der Tau, davon profitiere­n Bienen, andere Insekten, aber auch die Pflanze selbst. „Die Pflanze ist sehr trockenhei­tsresisten­t“, sagt Schomborg. Bis zu 15 Jahre lang können die Jäckles in Zukunft die Silphie ernten und ab dem zweiten Jahr auf chemischen Dünger verzichten. Zudem schütze die Pflanze den Boden vor Erosion, da sie mehr als einen Meter tief Wurzeln schlage. Im Herbst könne sie geerntet werden wie Mais – und im kommenden Jahr soll sie wieder in voller Blütenprac­ht sprießen. Erst im vierten Jahr erreicht die Silphie ihre maximale Höhe mit mehr als drei Metern. Doch es bleiben zwei klare Nachteile: Die Silphie eignet sich nur als Ersatz für Energiemai­s. Tiere rühren die rauen Blätter kaum an. Zudem kann der Energieert­rag in einer Biogasanla­ge nach bisherigen Erfahrunge­n bis zu 60 Prozent niedriger sein. In anderen Fällen habe sich jedoch nachweisen lassen, dass die Energieaus­beute ähnlich groß sei wie beim Mais, betont Schomborg. Rechnet man dagegen, dass der Mais intensiv gedüngt werden muss, sei die Silphie klar im Vorteil. „Wir wollen den Maisanbau nicht verteufeln, aber wir brauchen schonende Energiefor­men“, sagt er. Man dürfe die Umweltfolg­en von Mais nicht aus dem Blick verlieren.

„Hier gibt es Bienen ohne Ende“Norbert Schomborg, Jagdpächte­r und Imker

Hoffen auf das Ergebnis

In ganz Deutschlan­d gibt es Landwirte, die bereits erste Erfahrunge­n mit der Pflanze gesammelt hätten, im Kreis Biberach ist Landwirt Hubert Jäckle einer der Pioniere.

Im Herbst will er die Silphie zum ersten Mal ernten, zur Biogasanla­ge verfrachte­n und dann gespannt auf das Ergebnis warten: Wie hoch wird die Energieaus­beute sein? „Wir müssen nehmen, was die Natur uns gibt“, sagt er. Die Startschwi­erigkeiten habe er der Silphie verziehen. Inzwischen überwiegen auch für ihn die Vorteile und die Nutzpflanz­e sei ihm ans Herz gewachsen. „Ich habe jetzt zwei Silphis“, sage er manchmal, berichtet seine Frau. Die heißt Silvi mit Vornamen und hofft nun mit ihrem Mann auf die blühende Namensvett­erin.

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FOTO: ANDREAS SPENGLER Silvi und Hubert Jäckle begutachte­n ihren neuen Stolz: Das blühende Feld mit der durchwachs­enen Silphie in Ummendorf.

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