Schwäbische Zeitung (Biberach)
Hoffnung für Landwirte und Bienen
In Ummendorf wird eine Alternative zum Mais angebaut, die manches Problem lösen soll
UMMENDORF - Der Maisanbau steht häufig in der Kritik. „Von einer grünen Wüste“, sprechen manche, weil die Pflanze weite Landschaften überzieht. Bei Starkregen werden oft ganze Felder abgeschwemmt, für Insekten bietet er kaum Lebensraum, lockt dafür aber Wildschweine an. Längst wird der Mais nicht mehr nur an Tiere verfüttert, sondern wandert auch in Biogasanlagen – seitdem boomt der Anbau. Doch die ersten Landwirte setzen auf Alternativen, wagen neue Schritte, wie Hubert Jäckle aus Ummendorf. Er glaubt heute an eine Pflanze, die ihm einst schlaflose Nächte bescherte.
Der Start war holprig: Jäckle kann sich noch genau erinnern, wie er vor einem Jahr auf seinem Feld stand, den Strohhut vor dem Gesicht, die Hacke in der Hand. 40 Stunden lang habe er Unkraut gejätet, das zwischen den Reihen aus Mais und der neu angesäten Silphie-Pflanze wucherte. „Seit wann hackt man den Mais von Hand?“, hätten Spaziergänger ihm zugerufen. Doch Jäckle wusste, was er tat: Er wollte die idealen Voraussetzungen für seine neue Energiepflanze schaffen, einen Boden frei von Unkraut, ohne chemischen Einsatz. Doch der Regen blieb zunächst aus, die Silphie-Pflanze wuchs anfangs noch spärlich und bereitete Jäckle vor allem Kopfzerbrechen. Dabei hatte er 5600 Euro für den Anbau auf rund 1,9 Hektar Fläche investiert, gefördert von einer breiten Unterstützerschaft aus der Gemeinde Ummendorf, der Jagdgenossenschaft, der Jagdpächter und der Ummendorfer Bürgerstiftung.
Rund zwei Drittel der Kosten musste Jäckle selbst tragen. Doch er investierte, weil er an das Versprechen glaubt, das ihm der Jagdpächter und Imker Norbert Schomborg gegeben hatte.
Schomborg hatte von der „durchwachsenen Silphie“gehört – und wusste, dass Jäckle freie Flächen hatte, auf denen der Landwirt früher Tierfutter und Getreide angebaut hatte. Nachdem die Jäckles ihr Milchvieh aufgeben mussten, waren sie auf der Suche nach Alternativen.
An einem heißen Sommertag mitten im August steht Schomborg neben dem gelb lühenden Silphie-Feld der Jäckles und holt zum Loblied aus: „Hier gibt es Bienen ohne Ende“, schwärmt er. Und weil die Silphie an ihren Halmen kleine Becher hat, hält sich dort selbst an heißen Tagen der Tau, davon profitieren Bienen, andere Insekten, aber auch die Pflanze selbst. „Die Pflanze ist sehr trockenheitsresistent“, sagt Schomborg. Bis zu 15 Jahre lang können die Jäckles in Zukunft die Silphie ernten und ab dem zweiten Jahr auf chemischen Dünger verzichten. Zudem schütze die Pflanze den Boden vor Erosion, da sie mehr als einen Meter tief Wurzeln schlage. Im Herbst könne sie geerntet werden wie Mais – und im kommenden Jahr soll sie wieder in voller Blütenpracht sprießen. Erst im vierten Jahr erreicht die Silphie ihre maximale Höhe mit mehr als drei Metern. Doch es bleiben zwei klare Nachteile: Die Silphie eignet sich nur als Ersatz für Energiemais. Tiere rühren die rauen Blätter kaum an. Zudem kann der Energieertrag in einer Biogasanlage nach bisherigen Erfahrungen bis zu 60 Prozent niedriger sein. In anderen Fällen habe sich jedoch nachweisen lassen, dass die Energieausbeute ähnlich groß sei wie beim Mais, betont Schomborg. Rechnet man dagegen, dass der Mais intensiv gedüngt werden muss, sei die Silphie klar im Vorteil. „Wir wollen den Maisanbau nicht verteufeln, aber wir brauchen schonende Energieformen“, sagt er. Man dürfe die Umweltfolgen von Mais nicht aus dem Blick verlieren.
„Hier gibt es Bienen ohne Ende“Norbert Schomborg, Jagdpächter und Imker
Hoffen auf das Ergebnis
In ganz Deutschland gibt es Landwirte, die bereits erste Erfahrungen mit der Pflanze gesammelt hätten, im Kreis Biberach ist Landwirt Hubert Jäckle einer der Pioniere.
Im Herbst will er die Silphie zum ersten Mal ernten, zur Biogasanlage verfrachten und dann gespannt auf das Ergebnis warten: Wie hoch wird die Energieausbeute sein? „Wir müssen nehmen, was die Natur uns gibt“, sagt er. Die Startschwierigkeiten habe er der Silphie verziehen. Inzwischen überwiegen auch für ihn die Vorteile und die Nutzpflanze sei ihm ans Herz gewachsen. „Ich habe jetzt zwei Silphis“, sage er manchmal, berichtet seine Frau. Die heißt Silvi mit Vornamen und hofft nun mit ihrem Mann auf die blühende Namensvetterin.