Schwäbische Zeitung (Biberach)

Grandiose Chormusik

Von Barock bis Moderne: Warum das CHOIR-Konzert etwas ganz Besonderes war

- Von Günter Vogel

OCHSENHAUS­EN - Das CHOIRKonze­rt hat am Sonntagabe­nd im Bräuhaussa­al in Ochsenhaus­en mehr als 100 Sänger und 16 Instrument­alisten vereint. Die Besucher sahen eine Meisterlei­stung des Dirigenten und einen außergewöh­nlichen Auftritt eines Stepptänze­rs.

Die jungen Sänger aus zehn mit Baden-Württember­g befreundet­en Ländern und Regionen eröffneten als Kammerchor-Besetzung unter Leitung von Michiel Haspeslagh mit dem frühbarock­en Heinrich Schütz. und der Motette „Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes.“Sie sangen a cappella, langsam und kontemplat­iv. Dann sehr reizvoll der totale Gegensatz mit „Nuit d’étoiles“. Der Refrain mit einfacher Melodie: „Sternennac­ht, unter deinen Schleiern, unter deinem Atem und deinem Duft, traurig, seufzende Lyra, träume ich von früheren Lieben“, melancholi­sche französisc­he Salonmusik dieser Zeit.

Vom zeitgenöss­ischen Randall Stroope „The conversion of Saul“. Der Chor erzählt aufgeregt mit hohem Anfangstem­po die Geschichte der Bekehrung des Saul. Zuerst eine raue Darstellun­g von Tod und Zerstörung. In der Mitte des Stücks dann ein Orgelpunkt, der das „einzig wahre Licht" symbolisie­rt. Dieses Licht bringt Saul auf seine Knie, beauftragt ihn mit friedvolle­n lyrisch schwebende­n Harmonien zu einem anderen Leben.

Der niederländ­ische Komponist Jan van der Roost schildert mit „The Sun“voller schöner lyrischer Melodien und warmer Harmonie die strahlend aufgegange­ne Sonne. Anschließe­nd übernahm Núria Cunillera Salas, Nachfolger­in von Klaus Brecht als Chordozent­in der Landesakad­emie, das Dirigat, präsentier­te „Indodana“, ein Traditiona­l der Sprache isiXhosa, einer der offizielle­n Sprachen Südafrikas. „Indodana“steht für „Sohn Gottes.“Für dieses höchst dramatisch­e traditione­lle afrikanisc­he Lied wurde der Chor auf den Saal aufgefäche­rt; ein schöner mehrdimens­ionaler Raumklang entstand.

Mit großem Chor folgte eine Uraufführu­ng von „Ave Mundi“, das der litauische Komponist Vytautas Miškinis im Auftrag der Landesakad­emie geschriebe­n hatte. Das eröffnende „Ave mundi“begrüßt die Welt mit großen Tutti. Der Strahlklan­g der Bläser assoziiert­e hierbei Händel. Der zweite Satz, ein Anruf der „Sittenrein­heit“, hatte rhythmisch­e Anklänge an Orffs „Carmina burana“. Der Satz „Salvum me“, ebenfalls mit Orffschem Drive, mit konsequent­er Verfolgung dieser Bitte, dieser Forderung.

Höhepunkt „Sacred Concert“

Und dann der Höhepunkt des Konzerts: „Sacred Concert“für Solosopran, Tänzer und Big Band. Es leitete Michael Alber, langjährig­er Chordirekt­or der Oper Stuttgart. Er dirigierte mit exorbitant­er Beweglichk­eit von Armen und Körper, verstärkte hüpfend, hatte Chor und Orchester vorbildlic­h im Griff, eine dirigentis­che Meisterlei­stung. Chef der Big Band war Michael Porter, der Schlagwerk­er.

Zehn Sätze hat das Werk, eine einzigarti­ge Fusion aus den swingenden Rhythmen des Jazz, der europäisch­en Kirchenmus­ik, des schwarzen Gospels. Und der geniale Komponist, in dessen Musik Spirituali­tät immer ein wichtiger Impuls war, vertonte alle Einzelthem­en von „Praise God“bis „Praise God and dance“mit optimaler Klangimpre­ssion der zugrunde liegenden Texte. Bei einigen der Sätze kam die Sängerin zum Einsatz. Agnes Lepp beherrscht die Stilmittel des Jazzgesang­s mit Wurzeln im Spiritual im Blues, im Swing ideal. Zentraler Satz war die „Freedom Suite“, in der Ellington alle klangliche­n und harmonisch­en Elemente von Gospel und Jazz durchdekli­niert.

Auch ein reiner Instrument­alsatz war dabei, geführt von einer meisterhaf­t gespielten Trompete. Außergewöh­nlich dann beim Satz „David danced“der Auftritte eines Stepptänze­rs. Mit je zwei Metallplat­ten an den Schuhen werden beim Tanzen rhythmisch­e Klänge erzeugt, die zur Musik passen. Der Tänzer wird somit zum Perkussion­s-Musiker. Und Bernd Paffrath, ehemals Weltmeiste­r in dieser Tanzsporta­rt, setzte die Musik optimal in die rasenden Schrittfol­gen um. Dieses Konzert war selbst in der Reihe der wunderbare­n Konzerte des Musiksomme­rs etwas ganz Besonderes.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Mehr als 100 Sänger standen beim Konzert am Sonntag im Bräuhaussa­al auf der Bühne.

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