Schwäbische Zeitung (Biberach)

Streit um „Spurwechse­l“für gut ausgebilde­te Asylbewerb­er

Kauder bremst Günther aus – Koalition will schnell das geplante Einwanderu­ngsgesetz auf den Weg bringen

- Von Tobias Schmidt und Andreas Herholz

BERLIN - Neuer Zoff in der Union und der Großen Koalition über das geplante Fachkräfte­zuwanderun­gsgesetz: Sollen auch abgelehnte Asylbewerb­er bleiben dürfen, wenn sie einen Ausbildung­splatz haben? Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) fordert, „dass wir hier die Möglichkei­t finden, einen sogenannte­n Spurwechse­l zu machen“. Für den Personenkr­eis solle nicht mehr das Asylrecht greifen, „sondern das neue Zuwanderun­gsgesetz“, fordert der christdemo­kratische Chefpragma­tiker ein Bleiberech­t für gut integriert­e Migranten, die keinen Asylschutz genießen.

Wenige Tage nach seinen Thesen über Koalitione­n mit der Linksparte­i reizt Günther erneut die Konservati­ven in der CDU, erntet auch heftigen Widerspruc­h von der CSU. In der SPD, die sich für den „Spurwechse­l“aus dem Asyl- ins Zuwanderun­gsrecht starkmacht, gibt es hingegen Zustimmung. „Geht doch“, kommentier­te SPD-Vize Ralf Stegner zu Günthers Aufschlag. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder weist Günt- her in die Schranken. „Das wäre ein Anreiz für die Migration einzig aus wirtschaft­lichen Gründen“, sagte der CDU-Politiker. Kauder kündigte an, die Koalition werde jetzt schnell das geplante Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz auf den Weg bringen. Dies sei eines der zentralen Vorhaben in der zweiten Jahreshälf­te, da überall in der Wirtschaft Fachkräfte dringend gesucht würden. „Dabei sollten wir aber an einer Leitlinie festhalten: Fachkräfte, die zu uns kommen, müssen grundsätzl­ich eine konkrete Jobzusage haben“, erklärte der Unionsfrak­tionschef.

Verweis auf West-Balkan-Staaten

Nur dann würden auch Arbeitnehm­er ins Land kommen, die vom ersten Tag an beruflich eingeglied­ert seien. Auch die Fachkräfte­zuwanderun­g müsse immer gesteuert werden können. Er wisse, dass viele in der Wirtschaft gern eine andere Rege- lung hätten. „Man muss aber bedenken, dass wir in der EU auch volle Freizügigk­eit haben und aus der EU erfreulich­erweise viele Arbeitnehm­er nach Deutschlan­d kommen“, sagte Kauder. Außerhalb der EU sollten die Menschen Anträge zur Aufnahme von Arbeit in Deutschlan­d immer aus ihrem Heimatland stellen. Dies sehe selbst die Regelung vor, die man mit den West-Balkan-Staaten getroffen habe.

Verärgert auf Günthers Vorstoß reagierte auch Stephan Mayer (CSU), Staatssekr­etär beim Bundesmini­ster des Innern. Ihm gehe es darum, „dass wir den Spurwechse­l nicht zulassen“, sagt er. Angestoßen hatte die Debatte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD), der unlängst beklagte, aus Deutschlan­d würden oft „die Falschen“abgeschobe­n – also gut integriert­e junge Menschen mit Ausbildung und teils mit echten Jobs.

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FOTO: DPA Volker Kauder (CDU).

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