Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mit kleinen Tricks gegen die Affenhitze
Emus bekommen im Ulmer Tierpark kalte Duschen, Hängebauchschweine Sonnencreme
ULM - Erni grunzt leise vor sich hin und beäugt neugierig die Menschen auf der anderen Seite des Gitters. Mit kleinen Schritten nähert er sich den Besuchern und wackelt mit Ohren und Schwanz. Vielleicht will ihn ja jemand abbürsten? Wenn’s draußen richtig heiß ist, bleibt das neunjährige Hängebauchschwein allerdings lieber im Schatten, wo es sich in seinem Gehege auch mal im Schlamm abkühlen kann. Anders als seine Artgenossen Benedikt und Franz, die eine dunkle Haut haben, könnte Erni sich im Freien nämlich schnell einen Sonnenbrand holen. Deswegen wird er regelmäßig mit Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor eingesprüht. „Das klappt bedingt“, sagt Stefanie Kießling, die Leiterin des Tiergartens Ulm. Denn Erni mag diese Prozedur nicht so gern. Doch da muss der Eber durch.
Die meisten tierischen Bewohner in der Friedrichsau brauchen zwar nicht eingeschmiert zu werden. Aber jeder hat dort seine eigene Strategie, wie er mit der Hitzewelle in diesem Sommer zurechtkommt, und seine eigenen Bedürfnisse. „Man geht in den Schatten, liegt viel herum und trinkt viel“, sagt Stefanie Kießling mit einem Schmunzeln. „Der eine oder andere lässt sich auch gern abduschen.“
Zum Beispiel die Emus im Freigehege. Als Tierpfleger Valentin Brunner sich mit einem Gartenschlauch in der Hand nähert, schreiten die mannshohen australi- schen Laufvögel sogleich interessiert heran. Zunächst dreht Brunner allerdings vergebens am Hahn. Es kommt kein Wasser heraus, weil der Druck zu niedrig ist. Das kann derzeit schon mal vorkommen, wenn das kühle Nass auf dem Gelände an vielen Stellen gleichzeitig benötigt wird. Der Pfleger funkt seine Kollegen an und wenige Minuten später läuft’s.
Die zwei Emus genießen die Wasserstrahlen, stecken immer wieder die Köpfe ins Gefieder, schütteln sich und strecken sich wohlig. Schließlich machen sie sich es ganz gemütlich und setzen sich unter die improvisierte Dusche. Ganz anders übrigens als ihre südamerikanischen Verwandten, die Nandus. Denen gefällt das überhaupt nicht, sich abbrausen zu lassen.
List bei wasserscheuen Tieren
Ähnlich wasserscheu sind die gehaubten Kapuziner im Tropenhaus. 32,5 Grad zeigt das Thermometer dort an. Doch die kleinen Affen denken nicht daran, sich im Wasser abzukühlen. „Deswegen muss man sie ein bisschen überlisten“, sagt Annica Duchon, Revierleiterin im Tropenhaus. In eine kleine Wanne hat sie Wasser gefüllt. Und legt Erdnüsse und Trauben hinein. Jetzt ist der Reiz für die Kapuziner anscheinend unwiderstehlich. Zwei von ihnen laufen übers Gitter, hangeln sich an einem Seil hinab und greifen blitzschnell in das ungeliebte Nass: Schon ist der Happen im Maul und die Pfote etwas abgekühlt.
Bei den derzeitigen Temperaturen gibt es für die Affen auch mal ein Eis, etwa aus gefrorener Marmelade, oder kalte Fruchtstückchen.
Nicht nur der Wasserverbrauch im Ulmer Tiergarten ist zuletzt enorm gestiegen, auch jede Menge Frischfutter wird benötigt. Allein Braunbärin Susi verschlingt jeden Tag etwa fünf Kilogramm Obst und Gemüse. Zur Schaufütterung drängen sich viele Besucher an der Absperrung vor dem Gehege, vor allem Familien mit kleinen Kindern. Davon lässt sich die Seniorin, die nächstes Jahr 30 wird, nicht beirren. Sie frisst in aller Ruhe ihre Birnen und Äpfel und trinkt ein wenig Saft aus einem Becher.
Seit ihr Bruder Cheppo tot ist, achten die Tierpfleger verstärkt darauf, dass die Braunbärin etwas zu tun hat. „Wir beschäftigen sie, indem wir zum Beispiel Futter zum Suchen verteilen“, erklärt Valentin Brunner. „Wir verstecken etwa Walnüsse in einem Reifen oder streichen Honig an die Bäume.“So bleibt Susi in Bewegung, ansonsten verbringt sie viel Zeit im Teich, wenn es so heiß ist wie zurzeit.
Abkühlung für Mitarbeiter
Das können die Mitarbeiter des Tiergartens in der Au natürlich nicht, doch auch für sie gilt: Viel trinken, sich viel im Schatten aufhalten und alles etwas langsamer angehen lassen. Das sieht auch Handwerker Andreas Grafl ein. „Ich bin gerade dabei, auf einer kleinen Hütte das Dach auszubessern, bei den Alpakas, Nandus und Lamas“, berichtet er. Als die Chefin sah, wie er in der prallen Sonne arbeitete, verordnete sie ihm gleich eine Pause. Grafl ist froh über die kurze Auszeit im Schatten: „Da oben auf dem Dach hat’s bestimmt 40 Grad, schätze ich.“Vier Tage wird ihn diese Arbeit voraussichtlich in Anspruch nehmen. Um das durchzustehen, hilft nur eines: „Wasser ist das A und O.“
Trotz der Hitze sind die Besucherzahlen aus Sicht von Stefanie Kießling okay. Für alle, die draußen allzu sehr ins Schwitzen kommen, hat sie einen Tipp parat: Im Donautunnel, dem Aquarium des Ulmer Tiergartens, ist es auch im August angenehm frisch. Den Karpfen, Hechten und anderen Kaltwasserfischen im Inneren des Beckens ist der Ausnahmesommer ohnehin egal. Sie schwimmen bei kühlen 17 Grad entspannt durchs Flusswasser.