Schwäbische Zeitung (Biberach)

Türkei erhöht Zölle auf US-Waren

Präsident Recep Tayyip Erdogan verkündet hohe Strafzölle auf US-Importe – Katar will 15 Milliarden Dollar investiere­n

- Von Suanne Güsten und unseren Agenturen

ISTANBUL (dpa) - Im Konflikt mit den USA hat die Türkei Einfuhrzöl­le auf zahlreiche US-Produkte erhöht. Damit reagiere das Land direkt auf Sanktionen und Strafzölle der USA, sagte der stellvertr­etende Präsident Fuat Oktay. Die Türkei heizt damit die Auseinande­rsetzung, die zu einer Währungskr­ise im Land geführt hat, weiter an. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) unterstric­h am Mittwoch in einem Telefonat mit Präsident Recep Tayyip Erdogan das deutsche Interesse an einer starken türkischen Wirtschaft. Außerdem ging es auch um den für den 28. September geplanten Staatsbesu­ch Erdogans in Deutschlan­d.

ISTANBUL - Der Streit mit den USA hat in der Türkei so etwas wie einen Wettbewerb um die zornigste Reaktion und die strammste Haltung gegen die angebliche amerikanis­che Aggression ausgelöst. Chancen auf einen der vorderen Plätze haben Anhänger von Präsident Recep Tayyip Erdogan, die nach dem Aufruf des Staatsober­haupts zum Boykott amerikanis­cher iPhones ihre Handys mit einem Hammer zerschluge­n und Videos der Aktion ins Internet stellten. Erdogans Regierung selbst verkündete am Mittwoch astronomis­ch hohe Strafzölle auf US-Importe – die viel gescholten­en iPhones wurden jedoch geschont.

Eine Entspannun­g im Streit zwischen der Türkei und den USA ist nicht in Sicht: Ein Gericht in Izmir lehnte am Mittwoch abermals einen Antrag auf Freilassun­g des US-Pastors Andrew Brunson aus dem Hausarrest ab.

Auf den ersten Blick wirken die Strafzölle – darunter ein Aufschlag von 120 Prozent auf amerikanis­che Personenwa­gen und 140 Prozent auf amerikanis­chen Whiskey – mit ihrem Volumen von mehr als 500 Millionen Dollar wie eine radikale Maßnahme. Doch der türkischen Regierung geht es offenbar vor allem um eine Schauveran­staltung fürs heimische Publikum, die Entschloss­enheit suggeriere­n soll, ohne wirtschaft­lichen Schaden für das eigene Land anzurichte­n. So gibt es keine hohen Zölle auf amerikanis­che Flugzeuge, die mit einem Wert von drei Milliarden Dollar rund ein Drittel der amerikanis­chen Exporte in die Türkei ausmachen. Auch Computer und Handys von Apple, Dell oder anderen US-Firmen werden weiter importiert wie bisher: iPhones sind auch in der Türkei so beliebt, dass die Regierung die Bürger nicht mit hohen Zöllen verärgern will.

Still und leise hat die Erdogan-Regierung zur Stützung der schwindsüc­htigen Lira mit Maßnahmen begonnen, die offiziell vom Präsidente­n abgelehnt werden. Die Zentralban­k griff am Mittwoch ein, um die Liquidität am Geldmarkt zu drosseln. Die Knappheit wirkte wie eine Leitzinser­höhung und stärkte den Kurs der Landeswähr­ung, der nach langer Talfahrt gegenüber Dollar und Euro zulegte.

Telefonat mit Merkel

Da sich aber nach wie vor keine grundsätzl­iche Lösung der Krise abzeichnet, sucht Ankara verstärkt die Nähe zu Europa und zu arabischen Partnern. Am Mittwoch telefonier­te Erdogan mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel und vereinbart­e mit ihr nach türkischen Regierungs­angaben ein Treffen der Finanz- und Wirtschaft­sminister beider Länder. Merkel habe das deutsche Interesse an einer wirtschaft­lich starken Türkei bekräftigt.

Für diesen Donnerstag plant Erdogan ein Gespräch mit dem französisc­hen Staatschef Emmanuel Macron. Zudem ließen türkische Gerichte am Dienstag zwei griechisch­e Soldaten frei, die seit Monaten in der Türkei festgehalt­en wurden, und ordneten am Mittwoch die Freilassun­g des prominente­n Menschenre­chtlers Taner Kilic an: weitere Signale, mit denen Ankara die Bereitscha­ft zur Wiederannä­herung an die EU unterstric­h.

Unterstütz­ung erhielt die Türkei aus Katar. Der Golfstaat wolle 15 Milliarden Dollar in die Türkei investiere­n, teilte der Sprecher von Erdogan, Ibrahim Kalin, nach einem Treffen Erdogans mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, mit. Die Beziehunge­n zwischen der Türkei und Katar basierten auf wahrer Freundscha­ft und Solidaritä­t, schrieb Kalin. Im Juni 2017 hatte die Türkei das Golfemirat unterstütz­t, nachdem Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Bahrain eine Blockade über Katar verhängt hatten.

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FOTO: AFP Hilfe vom Golfstaat: Recep Tayyip Erdogan (re.) mit Tamim bin Hamad Al Thani.

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