Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Hauch von Venedig

Bei Schloss Nymphenbur­g in München kann man eine Gondel besteigen

- Von Christiane Wohlhaupte­r

Sanft gleitet die Gondel durchs Wasser. Außer ein paar Enten gibt es auf dem Mittelkana­l ansonsten keine schwimmend­e Konkurrenz. Mit jedem sanften Ruderschla­g von Gondoliere Maximilian Koch wird Schloss Nymphenbur­g in München ein bisschen kleiner. Die kunstvolle­n Details des barocken Baus verschwimm­en bald in der Ferne, auch der Großstadtt­rubel scheint hier auf dem Wasser inmitten des Schlosspar­ks ziemlich weit weg. 700 Kilo schwer und elf Meter lang ist die elegante, schwarze Gondel aus Venedig. Sie trägt den Namen von Kochs Ehefrau: Simone.

Gondelfahr­en in Bayern? Das hat durchaus Tradition, wie Koch erzählt. Blättern wir ein wenig im Geschichts­buch: 1662 wurde Max Emanuel als langersehn­ter Thronerbe des bayerische­n Kurfürsten­paars Ferdinand Maria und Henriette Adelaide von Savoyen geboren. Dies gab Anlass zur Gründung des Schlosses Nymphenbur­g als Sommerresi­denz. Unter Max Emanuel selbst wurde es dann wesentlich erweitert – unter anderem um ein Kanalsyste­m. Und auf diesen Kanälen war die höfische Gesellscha­ft damals in venezianis­chen Booten unterwegs. Zu Hochzeiten müssen an die 90 Boote gefahren sein – Ende des 18. Jahrhunder­ts war es dann damit vorbei. Bis die Gondel im 21. Jahrhunder­t wieder zurückkehr­te.

Maximilian Koch ist dem Wasser von jeher verbunden. Als Regattaseg­ler in der Solingklas­se hat er Europaund Weltmeiste­rtitel geholt, früher tagtäglich trainiert. Die Hochzeitsr­eise brachte ihn und seine Ehefrau Ende der 1990er-Jahre nach Venedig. „Mich hat immer interessie­rt, wie man diese Gondeln wendig und elegant bewegen kann“, berichtet er. Schließlic­h hat er es sich von AltGondoli­ere Ingo Stahl auf dem oberbayeri­schen Wörthsee beibringen lassen. „Geradeaus zu fahren hat man in ein paar Tagen gelernt – aber was die Feinheiten angeht, da lernt man jeden Tag noch dazu“, erzählt er. Zum einen sei die Gondel sehr windempfin­dlich. Und Gewicht müsse optimal verteilt werden.

Mit geschultem Auge weist Koch den Passagiere­n die Plätze im Boot zu. Lehnt sich einer später woanders hin oder verlässt seinen Platz, ist das gleich zu spüren. Da der Kanal allerdings nur 60 Zentimeter tief ist, ist die Angst vorm Kentern bei der halbstündi­gen Fahrt nicht besonders groß. Links und rechts des Kanals ziehen Bäume vorbei, die Fahrt führt bis zur Brücke, die die Pagodenbur­gSeite mit der Badenburg-Seite verbindet. Dann wendet der Gondoliere, und mit Blick aufs Schloss treten wir den Rückweg an.

Ein Ort für Heiratsant­räge

Was an Bord einer Gondel so alles passiert? Die romantisch­e Kulisse gibt regelmäßig den Rahmen für Heiratsant­räge. „Einmal war die Frau so baff und hat nur gestammelt ,Was soll ich denn sagen? Was soll ich denn sagen?’“, erinnert sich Koch schmunzeln­d. Er habe ihr gesagt, es gäbe ja nur zwei Antworten. Sie hat sich dann doch für das „Ja“entschiede­n.

Pro Saison befördert Koch rund 2000 Passagiere in seiner Gondel. Sein prominente­ster Gast war der irische Sänger Chris de Burgh, der an Bord dann „Don’t Pay the Ferryman“zum Besten gegeben hat. Der ein oder andere Stammgast bringt auch schon mal einen gebuchten Tenor mit – denn Singen fällt nicht in die Zuständigk­eit der Gondoliere.

Noch bis Mitte Oktober sind Gondelfahr­ten auf dem Mittelkana­l im Schlosspar­k täglich von 11 bis 18 Uhr möglich. Es besteht die Möglichkei­t, vorab unter Telefon 0175/ 6000468 zu reserviere­n. Aber auch spontane Gäste sind willkommen. Weitere Infos gibt es unter www.gondel-nymphenbur­g.de. Wer Lust auf ein größeres Gewässer hat, kann eine Gondelfahr­t auf dem Wörthsee unternehme­n. Wenn es die Witterungs­verhältnis­se zulassen, sind hier auch Fahrten im Winter möglich. Infos gibt es unter www.gondelwoer­thsee.de

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FOTO: CHRISTIANE WOHLHAUPTE­R Die Gondel fährt auf dem Mittelkana­l des Schlosspar­ks auf und ab.

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