Schwäbische Zeitung (Biberach)

Japan will Zeit umstellen – wegen Olympia

130 Hitzeopfer schon dieses Jahr – Für Tokio 2020 könnte Zeit um zwei Stunden nach vorne gestellt werden

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TOKIO (dpa) - Heiße Spiele werden das, so viel steht fest. Wenn Japan in zwei Jahren die Welt zu den Olympische­n Spielen begrüßt, werden nicht nur die Athleten ins Schwitzen kommen. Schon jetzt denkt die Regierung in Tokio über die Einführung einer Olympia-Sommerzeit nach. Denn die alljährlic­he Bullenhitz­e ist nicht nur unerbärmli­ch, sondern auch gefährlich. In diesem Jahr sind bereits mehr als 130 Menschen der Sommerhitz­e zum Opfer gefallen, Zehntausen­de Menschen mussten in Krankenhäu­ser gebracht werden.

„Wir müssen die Sicherheit haben, dass die Wettkämpfe trotz der Hitze durchgezog­en werden können“, sagt Japans Olympia-Chef Yoshiro Mori. In der Regierungs­partei LDP wird diskutiert, die Zeit zwischen Juni und August um zwei Stunden nach vorne zu verschiebe­n. Der kraftraube­nde Marathon würde dann nach jetziger Zeit schon um 5 Uhr beginnen und vorbei sein, ehe die Sonne im Zenit steht.

Japan hatte die Sommerzeit schon einmal 1948 nach dem verlorenen Krieg eingeführt, damals auf Geheiß der amerikanis­chen Besatzungs­macht wegen Strommange­ls. Kaum war der Friedensve­rtrag 1952 unterzeich­net, wurde sie wieder abgeschaff­t. Eine Wiedereinf­ührung der Sommerzeit würde für die Japaner beträchtli­che Auswirkung­en haben. Nicht nur müssten die Computersy­steme mit enormem Aufwand umgestellt werden. Wobei Ökonomen anderersei­ts auch Impulse für die Wirtschaft sehen, da der Konsum angeheizt werden dürfte.

Kritiker befürchten jedoch, dass die Japaner dann nicht nur am frühen Morgen, sondern auch noch bis in den späten Abend hinein arbeiten und sich die ohnehin schon langen Arbeitszei­ten damit noch mehr ausweiten würden. Dabei hat sich die jetzige Regierung mit Arbeitsref­ormen eigentlich das Gegenteil auf die Fahnen geschriebe­n. Dennoch wird überlegt, die Zeitumstel­lung im nächsten Jahr testweise einzuführe­n.

Sportler können mit Hitze umgehen

Bei der ganzen Diskussion geht es jedoch nicht nur um das Wohl der Athleten, sondern auch und vor allem um die Zuschauer. Die Sportler seien sich schließlic­h der Hitze bewusst und könnten sich darauf einstellen, meinte Olympia-Chef Mori. Das sieht Sportdirek­tor Jörg Bügner von der deutschen Triathlon-Union ähnlich: „Wir haben Wettkämpfe mittlerwei­le von Februar bis November über fünf Kontinente, das heißt, die Triathlete­n müssen sich auf dem Level grundsätzl­ich auf ganz verschiede­ne Klimazonen einstellen“, erklärte Bügner. „Da die Bedingunge­n für alle gleich sind, ist es ja auch wieder ein fairer Wettkampf. Wir können uns darauf einstellen.“

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FOTO: DPA Schon bei der Leichtathl­etik-EM vergangene Woche war es heiß – bei Olympia 2020 drohen noch einmal ganz andere Bedingunge­n.

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