Schwäbische Zeitung (Biberach)

Das Iran-Israel-Dilemma

Olympiakos Piräus vereint erstmals Fußballer beider Länder in einer Mannschaft

-

PIRÄUS (SID) - Deutlicher könnte die Ansage nicht sein: „Olympiakos steht auf gegen Diskrimini­erung“, heißt es in einer Kampagne des griechisch­en Spitzenklu­bs aus Piräus. Toleranz, Respekt, Fairplay – das sind Werte, die der Sport vermittelt und die von dem Klub am Mittelmeer­hafen trotz einiger Skandale in der Vergangenh­eit geteilt werden.

Doch nun ist Olympiakos mit der Verpflicht­ung des israelisch­en Kapitäns Bibras Natcho in ein politische­s Dilemma geraten. Denn seit Januar ist auch Ehsan Hajsafi, Vizekapitä­n des Iran, in Piräus Teamkolleg­e von Marko Marin. Nie zuvor standen Spieler dieser Länder gemeinsam für eine Mannschaft auf dem Platz.

Die beiden Nationen sind politische Feinde, diverse arabische Länder leugnen das Existenzre­cht Israels. Seit 1979 ist es iranischen Sportlern untersagt, in Wettkämpfe­n gegen Israelis anzutreten, geschweige denn mit ihnen für ein Team aufzulaufe­n. Ein gemeinsame­r Torjubel oder gar eine Umarmung nach dem Abpfiff wären eine Farce für den Iran. Über die massiven Folgen, denen sich die Griechen nun seitens des Iran und einiger Fangruppie­rungen ausgesetzt sehen, waren sich die Kaderplane­r wohl nicht bewusst. Piräus fürchtet bis zum Saisonstar­t massiven Druck aus Teheran. Möglich ist sogar, dass Irans Führung Hajsafi die Kündigung seines Vertrags aufzwingt.

Ob der 28-Jährige, der 27-mal für den FSV Frankfurt in der 2. Bundesliga spielte, einer solchen Aufforderu­ng nachkäme, ist allerdings zweifelhaf­t. Schon 2017 widersetzt­e er sich den Vorgaben der eigenen Regierung, als er für Panionios Athen in der Europa League gegen den israelisch­en Klub Maccabi Tel Aviv aufgelaufe­n war. Das iranische Sportminis­terium hatte anschließe­nd den Ausschluss aus der Nationalma­nnschaft gefordert. Bislang vergeblich. Hajsafi stand bei der WM 2018 in allen drei Vorrundens­pielen auf dem Platz, in zwei Begegnunge­n sogar als Kapitän.

Arabische Boykott-Politik gegenüber Israel ist im Sport keine Seltenheit und macht auch vor großen Namen nicht Halt. So auch nicht vor Liverpools ägyptische­m Superstar Mohamed Salah, der in seiner Heimat als Nationalhe­ld verehrt wird. Ehrenhaft war sein Verhalten als Spieler des FC Basel jedoch nicht, als er dem obligatori­schen Händeschüt­teln gleich doppelt entging. Im Champions-League-Hinspiel 2013 gegen Tel Aviv schnürte er sich die Schuhe, im Rückspiel streckte er den Israelis die Faust entgegen, ohne dabei die Hände zu berühren. „Mit seiner ehrenhafte­n Haltung hat er ein ganzes Land stolz gemacht“, war seitens der Regierung aus Ägypten nach den Ereignisse­n zu hören.

Vorfälle gibt es auch auf höchster sportliche­r Ebene. Bei Olympia 2016 in Rio weigerten sich Teilnehmer aus dem Libanon mit Israelis in einem Bus zu fahren, eine saudi-arabische Judoka brach ihren Wettkampf mit einer angebliche­n Verletzung ab, nachdem klar war, dass sie in der nächsten Runde gegen eine Israelin hätte antreten müssen. Die Methode des Aufgebens hatte auch der tunesische Tennisspie­ler Malek Jaziri einige Male angewendet, ehe er sich am 18. September 2016 seiner Regierung widersetzt­e. Im Finale des ATP-Challenger­s in Istanbul trat er entgegen der Erwartunge­n gegen den Israeli Dudi Sela an und schrieb Sportgesch­ichte.

 ?? FOTOS: IMAGO ?? Künftige Teamkolleg­en: der Israeli Bibras Natcho (links) und der Iraner Ehsan Hajsafi.
FOTOS: IMAGO Künftige Teamkolleg­en: der Israeli Bibras Natcho (links) und der Iraner Ehsan Hajsafi.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany